Gutachten (PDF) - Professur Datenschutz und Datensicherheit ...
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IV. Reformbedarf <strong>und</strong> Lösungsvorschläge<br />
Sinne der Verfassung gehört dabei die gr<strong>und</strong>sätzliche Zuordnung des vermögenswerten Ergebnisses<br />
der schöpferischen Leistung an den Urheber im Wege privatrechtlicher Normierung <strong>und</strong><br />
seine Freiheit, in eigener Verantwortung darüber verfügen zu können. 453 Eine weitgehende Entwertung<br />
z.B. des Rechts der unkörperlichen Wiedergabe verstößt daher gegen Art. 14 GG. 454<br />
Auf dem Hintergr<strong>und</strong> der oben dargestellten Bedrohung für digitale Güter würde deswegen<br />
auch eine gesetzgeberische Formulierung oder eine Auslegung von § 53 Abs. 1 UrhG gegen<br />
Art. 14 GG verstoßen, wenn sie eine massenhafte Privatkopie im Internet auf der Basis rechtswidrig<br />
genutzter Vorlagen erlauben würde.<br />
Nach der ständigen Rechtsprechung des B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts enthalten die Gr<strong>und</strong>rechtsnormen<br />
dabei nicht nur subjektive Abwehrrechte des Einzelnen gegen den Staat, sondern sie<br />
verkörpern zugleich auch eine objektive Wertordnung, die als verfassungsrechtliche Gr<strong>und</strong>entscheidung<br />
für alle Bereiche des Rechts gilt <strong>und</strong> Richtlinien <strong>und</strong> Impulse für Gesetzgebung,<br />
Verwaltung <strong>und</strong> Rechtsprechung gibt. 455 Aus den Gr<strong>und</strong>rechten folgt damit auch, ob <strong>und</strong> in<br />
welchem Ausmaß der Staat zu rechtlichem Schutz verpflichtet ist. Aufgr<strong>und</strong> der im empirischen<br />
Teil analysierten Bedrohung digitaler Güter ergibt sich daher im vorliegenden Bereich<br />
nicht nur das Verbot von die Rechtsinhaber übermäßig treffenden zivilrechtlichen Schranken,<br />
sondern auch eine allgemeine Pflicht zu einem Schutz der Urheber digitaler Güter. Dies gilt vor<br />
allem auch deshalb, weil –wie das technische <strong>Gutachten</strong> von Pfitzmann/Federrath/Kuhn zeigt<br />
– ein technischer Schutz durch die Urheber selbst nur in begrenztem Umfang möglich ist, <strong>und</strong><br />
diese Situation sich auch nicht ändern wird.<br />
3. Pflicht zum strafrechtlichen Schutz<br />
Der vorstehend bereits in allgemeiner Form angesprochene Ermessensspielraum des Gesetzgebers<br />
bei der Erfüllung seiner Aufgaben führt dazu, dass eine Verpflichtung des Gesetzgebers<br />
speziell zur Schaffung eines strafrechtlichen Schutzes nur in Ausnahmefällen in Betracht<br />
kommt. Nur im äußersten Falle, wenn der von der Verfassung gebotene Schutz auf keine andere<br />
Weise erreicht werden kann, ist der Gesetzgeber verpflichtet, zur Sicherung besonders bedeutender<br />
Rechtsgüter das Mittel des Strafrechts einzusetzen. Dies erfordert nach der Rechtsprechung<br />
des BVerfG eine Gesamtbetrachtung, die einerseits den Wert des verletzten Rechtsguts <strong>und</strong> das<br />
Maß der Sozialschädlichkeit der Verletzungshandlung in den Blick nimmt, andererseits aber<br />
auch die Vorstellungen in der modernen Gesellschaft über die Rolle des Strafrechts berücksichtigt<br />
sowie die praktische Wirksamkeit von Strafdrohungen <strong>und</strong> die Möglichkeit ihres Ersatzes<br />
durch andere rechtliche Sanktionen nicht außer acht lässt. 456<br />
In dem vorliegend untersuchten Bereich lässt sich daher eine unmittelbare Verpflichtung des<br />
Staates zu strafrechtlichen Schutzmaßnahmen nur schwer begründen. Soweit alternative Schutzmaßnahmen<br />
jedoch nicht Erfolg versprechend sind oder (wie z.B. eine erweiterte Geräteabgabe)<br />
vom Gesetzgeber nicht gewählt werden, läuft die allgemeine Schutzpflicht des Staates im Bereich<br />
der Verletzung der Rechte an digitalen Gütern faktisch auf einen strafrechtlichen Schutz<br />
hinaus. Die verfassungsrechtlichen Überlegungen streiten daher vor allem für einen allgemeinen<br />
Schutz der vorliegend bedrohten Urheberrechte, der – falls vom Gesetzgeber keine anderen<br />
453. Vgl. z.B. BVerfGE 31, 229, 240 ff.; 31, 248, 250 ff.; 31, 270, 272 ff.; 49,382, 392 ff.; 77, 264, 270<br />
ff.; 79, 1, 25.<br />
454. Vgl. BVerfGE 49, 382, 399.<br />
455. Vgl. BVerfGE 49, 89, 141; 56, 54, 73.<br />
456. Vgl. BVerfGE 1, 1, 45.<br />
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