Gutachten (PDF) - Professur Datenschutz und Datensicherheit ...
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IV. Reformbedarf <strong>und</strong> Lösungsvorschläge<br />
Dual-use-Produkte. Diese Problematik der Produkteingrenzung hängt eng mit der Fragestellung<br />
zusammen, inwieweit der Tatbestand durch bestimmte Absichtsmerkmale des Täters einzuschränken<br />
ist (die auch eine zu weit gehende Produktbeschreibung wieder kompensieren können).<br />
Schließlich stellt sich das Problem, inwieweit nicht nur die Tathandlung des öffentlichen<br />
Verbreitens entsprechender Tools erfasst werden soll, sondern auch schon im Vorfeld dieser –<br />
den materiellen Unrechtskern bildenden – Tathandlung auch die Herstellung, die Verschaffung,<br />
die Einfuhr oder der Besitz sowie die Bewerbung dieser Werkzeuge. Zu denken ist zudem an<br />
eine Pönalisierung von Informationen <strong>und</strong> Anleitungen betreffend der Tools zur Umgehung von<br />
Schutzmechanismen.<br />
Die vorausgegangene rechtliche Analyse macht deutlich, dass die bisher vorliegenden Strafvorschriften<br />
<strong>und</strong> Gesetzentwürfe diese Herausforderungen nicht bewältigt <strong>und</strong> noch keine stimmigen<br />
Konzepte vorgelegt haben, die sowohl einen effektiven strafrechtlichen Schutz der digitalen<br />
Güter ermöglichen als auch die Freiheit der Forschung im Bereich der Umgehung von Schutzmaßnahmen<br />
<strong>und</strong> einen sinnvollen Einsatz der Dual-use-Produkte nicht tangieren. Die bisherigen<br />
Regelungen der §§ 4, 5 ZKDSG <strong>und</strong> der geplanten §§ 95a Abs. 3, 108b UrhG-E machen<br />
diese Schwierigkeiten deutlich <strong>und</strong> lassen insbesondere auch kein schlüssiges Gesamtkonzept<br />
erkennen:<br />
202<br />
• § 2 ZKDSG definiert „Umgehungseinrichtungen“ als „technische Verfahren oder Vorrichtungen,<br />
die dazu bestimmt sind oder entsprechend angepasst sind, die unerlaubte Nutzung<br />
eines zugangskontrollierten Dienstes zu ermöglichen. Für die Auslegung ist völlig unklar,<br />
wer diese Bestimmung vornimmt <strong>und</strong> wie bei Dual-use-Produkten zu entscheiden<br />
ist. Würde man für die Gebrauchsbestimmung auf den Willen des Entwicklers abstellen,<br />
so wäre Schutzbehauptungen Tür <strong>und</strong> Tor geöffnet.<br />
§ 95a Abs. 3 UrhG-E betrifft demgegenüber „Vorrichtungen, Erzeugnisse oder Bestandteile<br />
sowie die Erbringung von Dienstleistungen, die 1. Gegenstand einer Verkaufsförderung,<br />
Werbung oder Vermarktung mit dem Ziel der Umgehung wirksamer technischer<br />
Maßnahmen sind oder 2. abgesehen von der Umgehung wirksamer technischer Maßnahmen<br />
nur einen begrenzten wirtschaftlichen Zweck oder Nutzen haben oder 3. hauptsächlich<br />
entworfen, hergestellt, angepasst oder erbracht werden, um die Umgehung wirksamer<br />
technischer Maßnahmen zu ermöglichen oder zu erleichtern.“ Während die Ziff. 1 durch<br />
ihr Absichtsmerkmal klare Konturen hat, sind die in Nr. 2 <strong>und</strong> 3 enthaltenen Merkmale<br />
des begrenzten wirtschaftlichen Zwecks bzw. die „hauptsächlich“ zur Umgehung technischer<br />
Maßnahmen dienende Herstellung usw. bei isolierter Betrachtung unbestimmt <strong>und</strong><br />
zur Abgrenzung von Dualuse-Produkten untauglich. Zudem scheinen vom Wortlaut der<br />
Vorschrift Informationen <strong>und</strong> Anleitungen zum Umgehen von Schutzmechanismen zumindest<br />
nicht zwingend erfasst. Dies stellt aber eine bedeutende Gesetzeslücke dar, da<br />
gerade dem technisch weniger versierten Nutzer wird eine Umgehung von Schutzmechanismen<br />
erst dadurch ermöglicht, dass ihm entsprechende Informationen an die Hand<br />
gegeben werden. Dabei werden diese Informationen – vor allem in Fachzeitschriften –<br />
häufig in einer Form präsentiert, die beim Nutzer gerade erst den Wunsch erweckt, entsprechende<br />
Umgehungen von Schutzmechanismen vorzunehmen.<br />
• § 4 i.V.m. § 3 Nr. 1 ZKDSG versucht dann ähnlich wie § 108b Abs. 2 UrhG-E die zu<br />
unbestimmte <strong>und</strong> zu weite objektive Eingrenzung des Tatobjekts dadurch auszugleichen,<br />
dass der Tatbestand auf ein Handeln „zu gewerbsmäßigen Zwecken“ bzw. bei § 108b<br />
Abs. 2 UrhG-E „zu gewerblichen Zwecken“ begrenzt wird (wobei § 111a Abs. 1 Nr. 1