Gutachten (PDF) - Professur Datenschutz und Datensicherheit ...
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IV. Reformbedarf <strong>und</strong> Lösungsvorschläge<br />
werden, sondern nur in der gemeinsamen Diskussion mit den damit befassten Technikern<br />
<strong>und</strong> Wirtschaftsvertretern. Der entsprechende Dialog hat bisher noch nicht stattgef<strong>und</strong>en<br />
<strong>und</strong> muss erst noch geführt werden. Dabei ist allerdings nicht zu erwarten, dass eine überzeugende<br />
Möglichkeit für eine ausschließlich objektive Begrenzung auf kriminelle Tools<br />
gef<strong>und</strong>en wird. Diese beruht – wie die Problematik der (Computer-)Virenforschung zeigt<br />
– darauf, dass jedes entsprechende Tool analysiert werden muss, wenn man sich dagegen<br />
schützen will. Die objektive Tatbestandsbeschreibung der einschlägigen Delikte kann daher<br />
zwar eine sinnvolle Vorselektion übernehmen, die Tatbestände jedoch nicht auf strafwürdige<br />
Fälle begrenzen. Sieht man die Funktion der objektiven Beschreibung des Tatobjekts<br />
nur in einer – den Unrechtsgehalt nicht prägenden – Vorselektion, so sind die<br />
oben erörterten Begrenzungen auf „hauptsächlich“ oder „ganz überwiegend“ kriminellen<br />
Zwecken dienende Tools durchaus in Betracht zu ziehen. Weitere objektive Merkmale<br />
können darüber hinaus von der Rechtsprechung als Indizien für bestimmte Absichten der<br />
Straftatbegehung oder –unterstützung herangezogen <strong>und</strong> möglicherweise auch zu einem<br />
entsprechenden Kriterienkatalog weiterentwickelt werden.<br />
• Die entscheidende Abgrenzung der strafbaren von den nicht strafwürdigen Fällen der<br />
Verbreitung von Dual-use-Produkten kann daher nicht im Bereich des objektiven Tatbestandes<br />
gef<strong>und</strong>en werden, sondern nur im Bereich des Tätervorsatzes <strong>und</strong> insbesondere<br />
der Täterabsichten. Das Spektrum der Lösungsmöglichkeiten ist dabei sehr viel weiter<br />
als die bisher vertretenen Lösungsansätze. Für die subjektiven Tatbestandseingrenzungen<br />
kommen z.B. nicht nur die bisher diskutierten Positivmerkmale, sondern auch Negativmerkmale<br />
in Betracht. Durch ein Positivmerkmal kann die Strafbarkeit z.B. auf Fälle<br />
beschränkt werden, in denen der Täter in der Absicht handelt, bestimmte Straftaten zu<br />
begehen (wie dies von Art. 6 der Convention on Cybercrime des Europarats gefordert<br />
wird). 477 Da derartige Absichten schwer nachweisbar sind <strong>und</strong> im übrigen auch das Verbreiten<br />
<strong>und</strong> Zugänglichmachen von überwiegend strafbaren Zwecken dienenden Tools<br />
bei einem Handeln des Täters aus „sportlichen Gründen“ oder aus Gleichgültigkeit strafwürdig<br />
sein kann, sollten insb. für die Tathandlung des Verbreitens jedoch auch Negativmerkmale<br />
in Betracht gezogen werden. Wenn die Tatobjekte auf Tools eingegrenzt<br />
werden, die ganz überwiegend kriminellen Zwecken dienen, dann kann es durchaus gerechtfertigt<br />
sein, die Tat zu bestrafen, wenn der Täter nicht zum Zwecke der Entwicklung<br />
von Schutzmechanismen oder anderer berechtigter Interessen handelt.<br />
• Diese subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen können auch im Hinblick auf die unter<br />
Strafe gestellten Tathandlungen differenzieren: Beim öffentlichen Verbreiten der Tools<br />
können z.B. strengere Anforderungen gestellt werden als beim bloßen Herstellen <strong>und</strong><br />
Besitzen dieser Werkzeuge, das nur unter strengeren Einschränkungen <strong>und</strong> in besonderen<br />
Konstellationen bestraft werden sollte, um die Forschungs- <strong>und</strong> Informationsfreiheit nicht<br />
zu gefährden.<br />
• Zudem sollte geprüft werden, inwieweit auch Anleitungen <strong>und</strong> Informationen zu Tools<br />
<strong>und</strong> anderen Hilfsmittel für die Umgehung von Schutzmechanismen zu verbieten sind.<br />
Damit würde für viele Nutzer die Verwendung entsprechender Hilfsmittel zumindest erschwert.<br />
Bei der Konzeption der entsprechenden Verbote ist jedoch vor allem auch die<br />
Forschungsfreiheit sowie die Informations- <strong>und</strong> Pressefreiheit zu berücksichtigen. Ein<br />
477. Siehe oben Fn. 239.<br />
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