Gutachten (PDF) - Professur Datenschutz und Datensicherheit ...
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) Begrenzung des Tatbestandes auf „fremde Daten“<br />
D. Umgehung der Schutzmechanismen<br />
Für die Beurteilung der Umgehung von Schutzmechanismen ist bei § 303a StGB vor allem<br />
die Frage relevant, inwieweit der Tatbestand im Hinblick auf die Verfügungsbefugnis an den<br />
das Tatobjekt bildenden Daten einzugrenzen ist. Damit der Tatbestand von § 303a StGB seine<br />
Funktion der Umschreibung von typischem Unrecht erfüllt, muss sein Tatobjekt auf Daten<br />
beschränkt werden, an denen ein anderer ein bestimmtes Interesse besitzt. Aufgr<strong>und</strong> der systematischen<br />
Stellung von § 303a StGB im Bereich der Sachbeschädigungsdelikte muss dieses<br />
Interesse allerdings in einer eigentümerähnlichen Stellung bestehen. Wegen der immateriellen<br />
Natur des Tatobjekts von § 303a StGB kommt es für diese Verfügungsbefugnis jedoch nicht auf<br />
das Sacheigentum am Datenträger an, sondern auf eine Verfügungsberechtigung an den Daten<br />
selbst. 402<br />
Eine derartige Verfügungsbefugnis kann sich nach der Literatur z.B. aus einem Besitz- oder<br />
Nutzungsrecht ergeben; persönlichkeitsrechtliche Befugnisse im Hinblick auf die Daten reichen<br />
dagegen nicht aus. Eine Verfügungsberechtigung an den Daten setzt damit jedenfalls nicht<br />
voraus, dass sich die Daten im Besitz des Verfügungsberechtigten befinden.<br />
Im Hinblick auf die Anlehnung von § 303a StGB an den das Sacheigentum schützenden § 303<br />
StGB ist jedoch eine umfassende Verfügungsbefugnis erforderlich, die dem Volleigentum an<br />
Sachen entspricht. Diese Position des Volleigentums ist nach § 903 BGB durch die beiden<br />
Befugnisse geprägt, mit der Sache nach Belieben zu verfahren <strong>und</strong> andere Personen von der<br />
Nutzung auszuschließen. Einzelne Ansprüche zur Einwirkung auf die Daten – wie die oben erwähnten<br />
persönlichkeitsrechtlichen Befugnisse – sind damit nicht vergleichbar. Befugnisse des<br />
Rechteinhabers an einem DRM-System oder des Verwenders eines Kopierschutzmechanismus<br />
gegen Personen, die diese Schutzmechanismen auf eigenen Datenträgern manipulieren, stellen<br />
– anders als bei der vergleichbaren Fragestellung im Rahmen von § 263a StGB – insoweit keine<br />
umfassende Befugnis über den jeweiligen Datenbestand dar, welche die Daten für ihren Besitzer<br />
zu „fremden“ Daten machen. Eine derartig weitreichende Ausdehnung des § 303a StGB<br />
auf die Beeinträchtigung von Einzelansprüchen im Hinblick auf Daten kann nicht im Wege der<br />
Ausdehnung von § 303a StGB durch die Rechtsprechung, sondern nur durch den Gesetzgeber<br />
erfolgen. Dies zeigt sich für den vorliegend interessierenden Bereich auch sehr deutlich in dem<br />
Vorschlag der neuen §§ 95a, 108b UrhG in der Fassung des Referentenentwurfs für ein Gesetz<br />
zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft, 403 welche die Umgehung von<br />
bestimmten Sicherungsmaßnahmen nur unter bestimmten Voraussetzungen verbieten <strong>und</strong> kriminalisieren.<br />
Würde man § 303a StGB durch eine weite Ausdehnung der „fremden“ Daten zu<br />
einer „Supernorm“ bei der Erfassung von Interessenverletzungen an gespeicherten Daten machen,<br />
würden die Neuregelungen <strong>und</strong> Differenzierungen der §§ 95a, 108b UrhG-E überflüssig<br />
bzw. eingeebnet.<br />
Hinzu kommt, dass auch die in § 303a StGB vorgesehenen Tathandlungen des Löschens, Unterdrückens,<br />
Unbrauchbarmachens oder Veränderns die hier relevanten Vorgänge weitestgehend<br />
nicht erfassen können. 404 Denn bei der Entschlüsselung von Inhalten <strong>und</strong> sogar beim Auslesen<br />
von Informationen, z.B. aus einer Original-SmartCard werden Daten zwar regelmäßig gespeichert<br />
<strong>und</strong> später verwendet, aber nicht verändert oder sonst beeinträchtigt.<br />
402. So auch Bandekow, S. 263 f.<br />
403. Siehe oben Fn. 196.<br />
404. Siehe auch Beucher/Engels, CR 1998, 101, 105.<br />
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