Gutachten (PDF) - Professur Datenschutz und Datensicherheit ...
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III. Strafrechtliche Beurteilung<br />
8. § 108b Abs. 1 i.V.m §§ 95a Abs. 1, 2, 95c UrhG-E<br />
a) Allgemeine Problematik<br />
Im Hinblick auf die Umgehung von Schutzmechanismen kann zukünftig auch dem vom Gesetzentwurf<br />
zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft 411 vorgeschlagenen<br />
§§ 95a Abs. 1, 2, 95c UrhG-E i.V.m. § 108b Abs. 1 UrhG-E Bedeutung zukommen. 412<br />
Der Inhalt des strafrechtlichen Verbotsbereichs dieser Vorschriften ist allerdings schwierig zu<br />
erfassen, da er sich nur durch ein kompliziertes Zusammenlesen von mehreren Tatbeständen<br />
ergibt, die teilweise ähnliche Merkmale enthalten. Die Komplexität der dadurch entstehenden<br />
Verbotsnorm zeigt sich beispielsweise darin, dass der durch das Zusammenlesen entstehende<br />
Tatbestand der §§ 108b Abs. 1, 95a Abs. 1 UrhG-E neben den normalen Vorsatzanforderungen<br />
insgesamt vier (!) weitere spezielle subjektive Merkmale verlangt (Absicht der Zugangserlangung<br />
bzw. Nutzungsermöglichung, wenigstens leichtfertige Verletzung von Urheberrechten,<br />
kein Handeln zum persönlichen Gebrauch in § 108b Abs. 1 UrhG-E sowie Kenntnis oder Kennenmüssen<br />
der Zugangs- oder Nutzungsermöglichung in § 95a Abs. 1 UrhG-E). Nicht nur für<br />
den juristischen Laien, sondern auch für viele Juristen dürfte der Inhalt der neuen Strafbestimmungen<br />
dadurch nur schwer verständlich sein. Hinzu kommt, dass die subjektiven Anforderungen<br />
an die in den §§ 108a Abs. 1, 95a Abs. 1 UrhG-E normierte eigentliche Verbotshandlung<br />
(d.h. an die Umgehung technischer Schutzmaßnahmen) sehr viel strenger sind als an die<br />
in den §§ 108b Abs. 2, 95a Abs. 3 UrhG-E verbotenen Vorbereitungshandlungen (d.h. an die<br />
Herstellung, Einfuhr oder Verbreitung von hierzu geeigneten Hilfsmitteln). Da dieser Wertungswiderspruch<br />
– auch in der Begründung des Regierungsentwurfs – nicht erklärt oder irgendwie<br />
plausibel gemacht wird, kann nicht ausgeschlossen werden, dass möglicherweise auch die Verfasser<br />
des Gesetzentwurfs Opfer der Komplexität ihrer Verweisungstechniken <strong>und</strong> Differenzierungen<br />
wurden. Ein entsprechender Wertungswiderspruch zwischen der eigentlichen Tathandlung<br />
der Umgehung von Sicherungsmechanismen <strong>und</strong> ihren Vorfeldtatbeständen besteht im<br />
übrigen auch im Hinblick auf die Privilegierung des persönlichen Gebrauchs, die sich bei der<br />
Umgehung der Schutzmechanismen findet, nicht jedoch bei den entsprechenden Vorbereitungshandlungen:<br />
Die Umgehung der technischen Schutzmaßnahmen zum persönlichen Gebrauch<br />
soll daher nach dem Regierungsentwurf straflos bleiben, die Herstellung oder die Einfuhr der<br />
hierfür erforderlichen Tools zum privaten Gebrauch soll dagegen mit Freiheitsstrafe bis zu einem<br />
Jahr bestraft werden. Zur Erklärung des Regierungsentwurfs lässt sich daher nur anführen,<br />
dass dieser sich teilweise am Wortlaut der einschlägigen EG-Richtlinie orientiert, in der diese<br />
Widersprüche bereits angelegt sind. Die – durch die EG-Richtlinie allerdings nicht geforderte<br />
– Begrenzung des Vorfeldschutzes von § 108b Abs. 2 UrhG-E auf gewerbliches Handeln kann<br />
die Wertungswidersprüche jedenfalls nicht begründen, da gewerbliches Handeln bei objektiv<br />
neutralen Verhaltensweisen (wie dem Handel mit Dual-use-Produkten) keinen Unrechtgehalt<br />
aufweist.<br />
411. Siehe oben Fn. 238.<br />
412. Die Bestimmungen beruhen auf Art. 6 Abs. 1 – 4, <strong>und</strong> Art. 7 der Richtlinie 2001/29/EG zur<br />
Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts <strong>und</strong> der verwandten Schutzrechte in der<br />
Informationsgesellschaft vom 22. Mai 2001, ABl. L 167/10 ff. v. 22.6.2001.<br />
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