Gutachten (PDF) - Professur Datenschutz und Datensicherheit ...
Gutachten (PDF) - Professur Datenschutz und Datensicherheit ...
Gutachten (PDF) - Professur Datenschutz und Datensicherheit ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
D. Umgehung der Schutzmechanismen<br />
Gleichwohl scheidet § 269 StGB in diesen <strong>und</strong> anderen Fällen der Umgehung von Sicherungsmaßnahmen<br />
aus, weil die das Tatobjekt bildenden Daten nach dem Gesetz bei ihrer Wahrnehmung<br />
eine unechte oder verfälschte Urk<strong>und</strong>e darstellen müssten: Das bei dieser hypothetischen<br />
Betrachtung geforderte Merkmal der Urk<strong>und</strong>e verlangt unter anderem, dass die Daten eine bestimmte<br />
Erklärung enthalten, die ihren Aussteller erkennen lässt. Das Erfordernis der unechten<br />
oder verfälschten Urk<strong>und</strong>e ist darüber hinaus nur erfüllt, wenn durch die Umgehung der Schutzmechanismen<br />
über den Aussteller getäuscht wird. Diese Anforderungen sind – wie der empirische<br />
Teil oben zeigt – bei der Umgehung von Sicherungsmechanismen von digitalen Gütern in<br />
der Regel nicht erfüllt: Im Bereich der Daten von Sicherungsmechanismen ist es schon schwierig,<br />
irgendwelche Erklärungen zu finden oder zu konstruieren, die einem bestimmten Aussteller<br />
zugerechnet werden können. Bei den entsprechenden Manipulationen wird jedoch vor allem<br />
auch nicht über den Aussteller irgendwelcher Erklärungen getäuscht, vielmehr werden unbefugte<br />
Dateneingaben sowie Umgehungen von Kopierschutzmechanismen vorgenommen. Dies<br />
zeigt sich z.B. bei den oben genannten Piraten-SmartCards: Werden die dort abgelegten Informationen<br />
zur Entschlüsselung von Videodaten verwendet, so spielt es für den technischen<br />
Vorgang der Entschlüsselung keine Rolle, von wem die SmartCard bzw. die darauf befindlichen<br />
Informationen stammen. Es kommt darauf an, ob es sich um Schlüsselinformationen handelt,<br />
die zur Entschlüsselung zugelassenen sind. M.a.W.: Für diesen Vorgang ist es bedeutungslos,<br />
wer Aussteller der Informationen ist, wichtig ist alleine dass die Integrität der Entschlüsselungsinformationen<br />
gewahrt ist. Die Vorschrift des § 269 StGB hat daher im vorliegenden Zusammenhang<br />
keine wesentliche Bedeutung.<br />
7. §§ 4, 5 ZKDSG<br />
Das unten im Zusammenhang mit der Verbreitung von Umgehungseinrichtungen näher erörterte<br />
„Gesetz über den Schutz von zugangskontrollierten Diensten <strong>und</strong> von Zugangskontrolldiensten<br />
(Zugangskontrolldiensteschutz-Gesetz – ZKDSG) vom 19. März 2002 409 bedroht in §§ 4 <strong>und</strong><br />
5 die Herstellung, die Einfuhr <strong>und</strong> die Verbreitung von Umgehungseinrichtungen für bestimmte<br />
zugangskontrollierte Dienste zu gewerblichen Zwecken mit Freiheitsstrafe von bis zu einem<br />
Jahr oder mit Geldstrafe. Es enthält jedoch keine Strafvorschrift gegen das eigentliche Umgehen<br />
eines Zugangskontrolldienstes. Dies dürfte zum einen auf der – durch Gründe der Gesetzgebungskompetenz<br />
bedingten – begrenzten Reichweite der zugr<strong>und</strong>e liegenden EG-Richtlinie<br />
beruhen, 410 zum anderen auf der Annahme des Gesetzgebers, dass die entsprechenden Umgehungshandlungen<br />
bereits strafrechtlich (z. B. durch § 265a StGB) erfasst werden.<br />
409. BGBl 2002 I, S. 1090 f.<br />
410. Vgl. Richtlinie des Europäischen Parlaments <strong>und</strong> des Rates über den rechtlichen Schutz von<br />
zugangskontrollierten Diensten <strong>und</strong> von Zugangskontrolldiensten vom 20. November 1998, ABl.<br />
L 20/54 v. 18.11.1998. Die (im Hinblick auf allgemeine Strafvorschriften) begrenzte Reichweite<br />
der Richtlinie beruht darauf, dass der Europäische Gesetzgeber keine originäre Kompetenz zum<br />
Erlass von Strafnormen hat, sondern (strafrechtliche) Schutznormen nur auf der Gr<strong>und</strong>lage einer<br />
Annexkompetenz in Bereichen fordern kann, in denen er eine durch den EG-Vertrag zugewiesene<br />
anderweitige Sachkompetenz besitzt. Vgl. dazu <strong>und</strong> zu den Fragen der demokratischen<br />
Legitimation des europäischen Gesetzgebers bei der Strafrechtsharmonisierung durch<br />
Verordnungen <strong>und</strong> Richtlinien Sieber, Europäische Einigung <strong>und</strong> Europäisches Strafrecht, ZStW<br />
Bd. 103 (1991), S. 957 ff.<br />
171