MIGRALTO - Integration
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«<strong>MIGRALTO</strong> – Partizipatives Modell für aktive Bürgerschaft von älteren MigrantInnen»<br />
statische Zustimmungen zu interpretieren. Es handle sich vielmehr um ständige Prozesse der<br />
Akzentuierung bestimmter Aspekte, um Neudefinitionen und Aushandlungen von alledem, was für die<br />
eigene Identität im Alter als nützlich und sinnstiftend erlebt wird. Ältere MigrantInnen konstruieren also<br />
ihr Altersselbstbild einerseits als Orientierung an Altersbildern ihres Herkunftslandes, in dem sie<br />
sozialisiert wurden, anderseits in Auseinandersetzung mit ihrem Lebensalltag und ihren Erfahrungen<br />
im Migrationsland. Die Vielfalt von Altersbildern, wie sie sich im globalen Ländervergleich zeigt, hat<br />
sich in der globalisierten Welt längst zu einer transkulturellen Vielfalt innerhalb jeder Gesellschaft<br />
entwickelt. Gemäss Kondratowitz (2007, in Kruse, u.a., 2010, S. 94) kann „vom Altersbild einer<br />
Gesellschaft deshalb auch aus einer Binnenperspektive nur mehr im sozusagen postmodernen Plural<br />
kultureller, lebensweltlicher, gruppenspezifischer Variabilität und Diversität gesprochen werden, (…).“<br />
Wenn wir nun davon ausgehen, dass Ethnizität im Alter reaktiviert wird und eine wichtige Komponente<br />
der Sinnkonstruktion ist, müssen sich die Versorger im Gesundheits- und Sozialwesen, darunter im<br />
speziellen in der Alterspflege und –arbeit die Frage stellen, wie sie mit ihren Dienstleistungen und<br />
Angeboten dieser Tatsache Rechnung tragen.<br />
In der Schweiz weckt zur Zeit die Frage, ob für MigrantInnen im Alter spezifische ethnozentriete<br />
Betreuungsmodelle – wie etwa mediterrane Abteilungen in Altersheimen – zu schaffen seien,<br />
zunehmend das mediale und öffentliche Interesse. Während im fachlichen Diskurs nach Kriterien von<br />
good practice-Ansätzen gesucht wird, warnen vereinzelt politische Stimmen bereits wieder vor einer<br />
„drohenden Gefahr von Parallelgesellschaften im Altersheim.“ (Cortesi, 2010). Brisant daran ist, dass<br />
es sich dabei um dieselbe Einwanderungsgeneration handelt, die in ihrer Jugend bereits für die<br />
schleichende Mediterranisierung der Schweiz verantwortlich gemacht wurde (Maiolino, 2010) und<br />
aufgrund der Überfremdungsinitiativen in den siebziger Jahren Diskriminierung erfuhr.<br />
Im Diskurs über ältere MigrantInnen - am Beispiel der italienischen ArbeitsmigrantInnen - trifft man<br />
häufig auf folgende dominante Annahmen:<br />
Das „Leben zwischen zwei Welten“ habe zu einer fehlenden gesellschaftlichen <strong>Integration</strong> geführt, da<br />
sich MigrantInnen nirgendwo richtig zugehörig oder „Zuhause“ gefühlt hätten. Der Aufenthalt in der<br />
Schweiz – auch wenn er Jahrzehnte gedauert habe – sei als Provisorium erfahren worden und die<br />
aufrecht erhaltene Rückkehrorientierung habe gesellschaftliche Partizipation am Lebensort verhindert.<br />
Dadurch würden sich für die Betroffenen nun auch bei ihrer Lebensgestaltung im Alter negative<br />
Folgen ergeben.<br />
Verstärkt worden sei dieser Prozess durch eine fehlende <strong>Integration</strong>spolitik und –förderung seitens der<br />
Schweiz, die die Arbeitsmigrantinnen und -migranten ihrerseits nur als vorübergehende „Gastarbeiter“<br />
definierte. Dies wiederum sowie die ausländerpolitischen Initiativen und die damit einhergehende<br />
fremdenfeindliche Bewegung der frühen siebziger Jahre hätten als Reaktion die Abkehr von der<br />
Mehrheitsgesellschaft bewirkt und die Tendenz zur Selbstethnisierung sowie zur Selbstorganisation<br />
der ItalienerInnen in eigenen Strukturen und Netzwerken gefördert.<br />
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