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Geschichte der Königlich Preussischen ... - Warburg Institute

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Die Pliilosophie in <strong>der</strong> Akademie um 1790. 617<br />

auf den empirischen Boden übergetreten. So kam man sich ent-<br />

gegen. Der Ekh^kticismus, <strong>der</strong> da entstand, war eine beliagliche<br />

man gab sich<br />

Denkweise und ermöglichte ein bequemes Verfahren :<br />

als nüchternen Beobachter, als Empiristen von hellem Auge und<br />

scharfem Urtheil, aber verstohlen machte man Anleihen bei dem<br />

alten Dogmatismus: jene Empirie und diese Anleihen zusammen waren<br />

»<strong>der</strong> gesunde Menschenverstand«. Das nicht ganz durchsichtige<br />

Geschäft verdeckte man sich und An<strong>der</strong>en durch eine kleine Dosis<br />

von Skepticismus, die man allen philosophischen Erörterungen bei-<br />

mengte. Bei den Denkern — zu ihnen gehörte unstreitig Merian<br />

— war dieses Verfahren das wirkliche P^rgcbniss ihrer philosophi-<br />

schen Bemühungen: ein achtungswerther Verzicht auf eine völlig ein-<br />

deutige Methode und auf ein »System«, mit dem Bewusstsein dieses<br />

Verzichts. Sie wollten die Probleme aufrecht erhalten, die sie nicht<br />

zu lösen, und die Güter bewahren, die sie nicht zu vertheidigen<br />

vermochten. Die grosse Menge <strong>der</strong> Popularphilosophen aber spürte<br />

den Verzicht gar nicht. Wie sie ihre Philosophie nicht durch Nach-<br />

denken gewonnen hatten — sie war ihnen gleichsam als fertiges<br />

Product aus dem Culturprocess in den Schooss — gefallen so<br />

,<br />

hielten sie sie mit <strong>der</strong> unerschütterlichen Sicherheit fest, mit <strong>der</strong> man<br />

ein Programm, auf dem die eigene bürgerliche Existenz beruht, zu<br />

umklammern ptlegt. An die Stelle <strong>der</strong> straffen scholastischen Me-<br />

thode war die lockere Disciplin eines halb metaphysischen, halb<br />

und wie diese selbst aus dem Mangel<br />

empirischen Denkens getreten ,<br />

an wissenschaftlichem \md sittlichem Ernst geboren war, so steigerte<br />

sie ihrerseits wie<strong>der</strong>um diesen Mangel. Es ist nicht Fichte, son-<br />

<strong>der</strong>n Goethe gewesen, <strong>der</strong> das Wort gesprochen hat: »Eigentlich<br />

kommt Alles auf die Gesinnungen an wo diese sind treten auch<br />

; ,<br />

die Gedanken hervor, und nach dem sie sind, sind auch die Ge-<br />

danken«. Die Philosophie war in diesen Kreisen kein vStahlbad<br />

mehr zur Gesundung des Geistes, son<strong>der</strong>n ein Teich, in welchem<br />

man selbstzufrieden herumj)lätscherte. Die Weltanschauung war nicht<br />

durch Anspannung aller Kräfte selbständig gewonnen, son<strong>der</strong>n sie<br />

war in <strong>der</strong> Tliat ganz »natürlich« entstanden \<br />

^ Garve und Engel muss man lesen, um diese Philosophie von ihrer besten<br />

Seite keimen zu lernen. Von Letzterem sagt Hayw: «In Engel erschien die Auf-<br />

klärung in den liebenswür-digsten Formen, <strong>der</strong> Verstand in transparenter, wohlthuen<strong>der</strong><br />

Klarheit, das Gefühl in eorrectem, elegantem Geschmack, beides in ästhetischer<br />

Form <strong>der</strong> Sprache. Seine Weisheit <strong>der</strong> athmete Freilieit<br />

Populai-philoso[)liie<br />

und Grazie. Engel war so recht eigentlich <strong>der</strong> Philosoph für die Welt und ohne<br />

Zweifel ein vortrefFlicIiei- Pädagog«.

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