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Geschichte der Königlich Preussischen ... - Warburg Institute

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832 Die Akademiker im Zeitalter Friedrich Wilhelm's III.<br />

legung herrschen<strong>der</strong> Meinungen. Die physiologischen Erfahrungen<br />

sah er in gar keinem Verhältniss mit <strong>der</strong> Gewissheit <strong>der</strong> Anatomie.«<br />

Indem Johannes Müller über die Stellung seines verewigten<br />

Lehrers zur Physiologie referirte, konnte er es nicht vermeiden, den<br />

eigenen Standpunkt zum Ausdruck zu bringen und zu rechtfertigen :<br />

»RuDOLPHi sah es nicht gern, dass ich mich mit dem abstracteren Ge-<br />

biet <strong>der</strong> Sinnesphysiologie beschäftigte« und «<strong>der</strong> treffliche Mann, <strong>der</strong><br />

seine Scheu vor Vivisectionen bei je<strong>der</strong> Gelegenheit aussprach, nahm<br />

gegen alle Hypothesen und schlecht begründeten physiologischen<br />

Erfahrungen eine feindliche Stellung an. Man musste seine ganze<br />

gerechte Indignation theilen, wenn man sah, wie manche Physio-<br />

logen ihr Bestreben, die Physiologie zu einer Erfalirungswissenschaft<br />

durch ein planloses Eröffnen und Quälen von recht vielen<br />

zu machen ,<br />

Thieren äusserten, wobei die Resultate oft so gering und so unbe-<br />

ständig waren. Rudolphi ging aber wohl zu weit, wenn er glaubte,<br />

dass die Experimente an Thieren uns noch wenig gelehrt. Experi-<br />

mente, in wichtigen Fragen angestellt, haben hier wie in <strong>der</strong> Physik<br />

zu den grössten Entdeckungen geführt«.<br />

Mit' welcher Bescheidenheit und Würde hat hier Johannes Müller<br />

die beiden Gebiete , in welche <strong>der</strong> Lehrer seinem grösseren Schüler<br />

nicht mehr gefolgt ist, bezeichnet — die Sinnesphysiologie und das<br />

Feld <strong>der</strong> Nerven- und Muskelphysiologie , welches durch die Vivi-<br />

section erschlossen worden ist. Auf beiden ist es Müller gewesen,<br />

<strong>der</strong> Bahn gebrochen und Bahn gewiesen hat.<br />

Johannes Müller (geb. 14. Juli 1801 zu Koblenz, gest. 28. April<br />

1858) hat <strong>der</strong> Akademie fast 2 4 Jahre lang angehört, du Bols-Reymond.<br />

sein Schüler und Nachfolger, hat ihm die Gedächtnissrede gehalten; ihr<br />

Umfang kommt einem Buche gleich^; aber man liest sie mit steigendem<br />

Antheil, weil das Bild, das er gezeichnet liat, nicht nur mit<br />

Sachkunde, son<strong>der</strong>n auch mit Liebe und Bewun<strong>der</strong>ung ausgeführt ist.<br />

»Müller's Begabung war <strong>der</strong> Art, dass sie einen irre machen<br />

konnte an dem Glauben an specifische Talente. So hervorragend<br />

bei ihm die Fähigkeiten waren, die ihm als Organe <strong>der</strong> Forschung<br />

dienten, so erhielt man doch den Eindruck, dass dieser Mann, wenn<br />

es ihm an<strong>der</strong>s beliebt hätte, ebenso gut in irgend einem an<strong>der</strong>en<br />

Felde menschlicher Thätigkeit Ausserordentliches würde geleistet<br />

'<br />

Abhandlungen 1859 .S. 25 — 191; Virchow, Johannes Müller. Eine Gedächt-<br />

nissrede 1858; vergl. H. MuNK in <strong>der</strong> Allgemeinen Deutschen Biographie Bd. 22<br />

S.625ff.: Bischoff, Über Johannes Müller und sein Vei'hältniss zum jetzigen Standpunkt<br />

<strong>der</strong> Physiologie. Festrede <strong>der</strong> Bayerischen Akademie 1858.

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