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Geschichte der Königlich Preussischen ... - Warburg Institute

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Der Umschwung im geistigen Leben <strong>der</strong> Akademie (IhUÖ ff.). 621<br />

Wie sich durcli Fichte und Stein, wie sicli durch die patriotischen<br />

grossen Staatsinilnner — vor allem im Unterrichtswesen —<br />

<strong>der</strong> Umschwung vollzogen hat, das kann hier nicht erzählt werden.<br />

Die Akademie hat dankbar die Früchte dieser moralisch -politischen<br />

Reformation empfangen, aber sie selbst hat keinen Antheil an ihr<br />

gehabt und konnte ihn vielleicht nicht haben. Zwar war Wilhelm<br />

VON Humboldt ihr Mitglied, und in ihrem eigenen Hause hat sie<br />

selbstthätig reformirend gearbeitet, aber doch nur als wissenschaftliche<br />

Körperschaft; alles Übrige lag ihr fern. Im hinersten aber<br />

wurde sie berührt durch den Umschwung, <strong>der</strong> sich im allgemeinen<br />

geistigen Leben vollzog. Es war nicht nur ein Umschwung <strong>der</strong><br />

Philosophie o<strong>der</strong> gar nur <strong>der</strong> Philologie ; es handelte sich um etwas<br />

viel Universaleres.<br />

Von Polyhistorie und Raison war das geistige Leben des<br />

i8. Jahrhun<strong>der</strong>ts bestimmt gewesen, ein Klassicismus fortwirken-<br />

<strong>der</strong>, lebendiger Tradition aber in beschrcänkten , vorgeschriebenen<br />

Formen: Ciceronianismus — keine Spur von »Griechheit« — theils<br />

,<br />

französiscli gefärbt, theils in deutscher Schulgestalt. Seine Stärke<br />

lag in <strong>der</strong> Klarheit seiner Deductionen und Darstellungsmittel, in<br />

<strong>der</strong> Leichtigkeit <strong>der</strong> Propagation und in <strong>der</strong> siegreichen Kraft, die<br />

er gegen Aberglauben aller Art behauptete. Auf objective und<br />

noth wendige Erkenntniss war Alles gerichtet; <strong>der</strong> hervorragende<br />

Kopf unterschied sich von dem gewöhnlichen nur durch den wei-<br />

die grössere Klarheit seiner Schlüsse<br />

teren Umfang seiner Kenntnisse ,<br />

und die helleren Funken seines Esprits. Das Innenleben kam nur<br />

als Penetration , Geschmack , Grazie , rhetorische Kunst und , da<br />

ein grosser Mann unstreitig auch ein guter Mann sein müsse, als<br />

»Moral« zu Wort. In den Ausdrucksformen war das Alles, we-<br />

nigstens in <strong>der</strong> höheren Gesellschaft, wirklich angeknüpft an die spätrömische<br />

bez. die gallische Antike in eigenthümlicher Fortbildung. Es<br />

ist geschichtlich angesehen unstatthaft, hier von einer »künstlichen<br />

Nachahmung« zu sprechen; <strong>der</strong> klassische Idealismus, <strong>der</strong> diese<br />

Welt abgelöst hat, war in gewissem Sinn viel »künstlicher«; er<br />

war viel weniger ein geschichtliches Naturproduct als diese Deiikund<br />

Lebensweise, die ihren legitimen Stammbaum durch die Jahr-<br />

hun<strong>der</strong>te hindurch nachzuweisen vermochte, und ein niemals ganz<br />

erloschenes Leben.<br />

Was die Wissenschaften anlangt, so waren sie bis zum letzten<br />

Drittel des i8. Jahrhun<strong>der</strong>ts noch nicht so differenzirt und durch<br />

Specialitäten belastet, dass ein einzelner fähiger Kopf sie nicht zu

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