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Geschichte der Königlich Preussischen ... - Warburg Institute

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628 Die wissenschaftliche Bedeutung <strong>der</strong> Akademie (1786—1812).<br />

mus in festen Zusammenhang mit dem wirklichen Leben gesetzt haben<br />

— darin sämmtlich Fichte weit — überlegen das , gilt im höchsten<br />

Sinn von Humboldt. In Gedanken und Ausdrucksmitteln erscheint<br />

er als <strong>der</strong> Abgeklärteste und Reifste unter den Genossen \ über die<br />

er nicht nur durch seine sociale Stellung emporragte. Er war <strong>der</strong><br />

Organisator <strong>der</strong> neuen Geisteswissenschaft im höchsten Sinn, indem<br />

er je<strong>der</strong> edlen Freiheit Raum und das Gefühl <strong>der</strong> Freiheit gab und<br />

jedem den Platz anwies, <strong>der</strong> seinem Genius entsprach. Er, <strong>der</strong><br />

Staatsmann, hat unverbrüchlich daran festgehalten, dass Wissenschaft<br />

nur in <strong>der</strong> Luft <strong>der</strong> Freiheit atlimen könne, und keine Enttäuschung<br />

hat ihn in <strong>der</strong> heiligen Überzeugung erschüttert, dass sie dem Staate<br />

nur Kraft und Segen bringe. Wie er über Wissenschaft und Leben<br />

gedacht hat, das hat er in seiner Antrittsrede in <strong>der</strong> Akademie aus-<br />

gesprochen; die Worte sind wie ein Motto seiner ganzen Thätigkeit<br />

zu betrachten:<br />

^<br />

"Die Wissenschaft giesst oft dann ihren wohlthätigsten Segen auf das<br />

Leben aus, wenn sie dasselbe gewissermaassen zu vergessen scheint. Denn<br />

sie nährt und bildet den Geist, dass alles, was er erzeugt, ihr Gepräge an<br />

sich trägt, ja sie stimmt ihn <strong>der</strong>gestalt glücklich, harmonisch und wahrhaft<br />

göttlich, dass je<strong>der</strong> Ton rein und voll aus ihm hervorklingt, dass sich alles,<br />

was er behandelt, gleichsam ohne sein Zuthim, den höchsten Ideen an-<br />

schmiegt, und dass er den schwer zu entdeckenden Punkt nicht verfehlt,<br />

auf welchem Gedanke und Wirklichkeit sich begegnen und freiwillig in<br />

einan<strong>der</strong> übergehen. Denn es giebt in allen wichtigen Geschäften des Lebens<br />

einen solchen Punkt, den nur <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> reinen Wissenschaft Vertraute<br />

eri'eichen und nur das wahrhaft praktische Talent nie überschreiten wii'd^. «<br />

vSo erscheint er, nachdem er aus Italien zurückgekehrt war. Es ist wun<strong>der</strong>-<br />

bar, Avie schnell ihn <strong>der</strong> hohe Beruf, in den er in Berlin eintrat, gereift hat. In<br />

Italien drohte er einem schwelgerischen Klassicismus zu verfallen; aber mit einem<br />

Schlage scheint durch die praktische Aufgabe das überspannt Aesthetische in seine<br />

Grenzen gewiesen. Fi-eilich ein sinnenfreudiger Idealist im Stile <strong>der</strong> grossen Lebens-<br />

künstler des Cinquecento ist er stets geblieben, vei-gl. Treitschke, a. a. O. I 4 S.335 f.<br />

Der Religion gegenüber stand er so abgewandt wie F. A. Wolf, und das ist für<br />

die Art, wie <strong>der</strong> Klassicismus in unserem Jahrhun<strong>der</strong>t von den Philologen empfunden<br />

und betrieben wird, verhängnissvoll geworden. Im Grunde waren Humboldt und<br />

Wolf dem Christenthum ungleich feindseliger gesinnt als die alten Rationalisten —<br />

sie ignorirten o<strong>der</strong> verachteten es. Wenn sie dennoch mit Männern wie Schleiermacher<br />

gegen jene kämpften, so schätzten sie an ihren Freunden das Pathos und<br />

die reiche Individualität, nicht aber das, was dieser Individualität den Inhalt gab.<br />

Nur Goethe ist, weil er <strong>der</strong> Grösste war, in <strong>der</strong> Epoche seiner Vollendung zu einer<br />

ehrfürchtigen Würdigung <strong>der</strong> christlichen Religion vorgeschritten — für die allgemeine<br />

Entwicklung des mo<strong>der</strong>nen Humanismus lei<strong>der</strong> zu spät: dieser hatte seinen<br />

Kreis schon abgeschlossen und konnte nichts Neues mehr aufnehmen. Humanisten<br />

aber wie Nägelsbach, welche das Christenthum hineinnehmen wollten, unterlagen<br />

schon den Einllüssen <strong>der</strong> confessionellen reactionären Bewegung.<br />

^ Siehe Urkundenband Nr. 189.

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