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Arbeitshilfe - Justizakademie Nordrhein-Westfalen

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Teil III Rückgewinnungshilfe zu Gunsten von Verletzten aus Straftaten<br />

Nach einer Mindermeinung scheiden Sicherungsmaßnahmen zugunsten der Finanzverwaltung<br />

bereits deswegen aus, weil der Fiskus rein abstrakt betrachtet über die<br />

Möglichkeit verfügt, im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes über dingliche Arreste<br />

nach §§ 324 ff. AO eigene Ansprüche zu verfolgen 375 .<br />

Dieses Argument trifft indes auf jeden beliebigen Verletzten zu und verschließt des<br />

Weiteren den Blick vor rechtlichen Unterschieden zwischen StPO- und AO-Arrest.<br />

Die gewichtigste Divergenz liegt diesbezüglich darin begründet, dass der StPO-Arrest<br />

gegenüber dem Arrest nach der AO, welcher die überwiegende Wahrscheinlichkeit<br />

der späteren Fälligkeit des Fiskalanspruchs voraussetzt 376 , mithin geringere Anforderungen<br />

an den Verdachtsgrad stellt 377 .<br />

Weitere Abweichungen ergeben sich daraus, dass der Titel nach §§ 324 ff. AO zwingend<br />

schriftlich abzufassen ist (§ 324 Abs. 2 Satz 2 AO) und für den Erlass des Arrestes<br />

nur ein Organ funktionell zuständig ist, nämlich der Vorsteher des für die Steuerfestsetzung<br />

zuständigen Finanzamtes 378 , während im Strafverfahrensrecht in Eilfällen<br />

die Anordnung nicht nur mündlich, sondern neben dem Richter auch durch Beamte<br />

der Staatsanwaltschaft vorgenommen werden kann.<br />

Rechtlich relevante Abweichungen lassen sich schließlich auch bei der Vollziehung der<br />

Titel konstatieren. So gibt § 324 Abs.2 Satz 1 AO die Zustellung der Arrestanordnung<br />

als Regelfall vor und zwar gem. § 324 Abs. 3 Satz 1 AO binnen eines Monats nach<br />

der Unterzeichnung des Titels. Sollte demgegenüber von der Option des § 324 Abs. 3<br />

Satz 2 StPO, der die Vollziehung des Arrestes vor dessen Zustellung erlaubt, Gebrauch<br />

gemacht worden sein, so ist die Vollstreckung ohne Wirkung, wenn die Zustellung<br />

nicht innerhalb einer Woche nach der Vollziehung und innerhalb eines Monats<br />

seit der Unterzeichnung erfolgt (§ 324 Abs. 3 Satz 2 AO). Darüber hinaus sind<br />

Besonderheiten beim Rechtsschutz gegen einen AO-Arrest dergestalt denkbar, dass<br />

divergierende Rechtsmittel, zum einen bei den Finanz- und zum anderen bei den Zivilgerichten<br />

statthaftsein können 379 .<br />

Neben diesen rechtlichen Erwägungen sind auch die Gründe des Einzelfalls im Tatsächlichen<br />

nicht unberücksichtigt zu lassen. Man denke etwa an Fälle von Auslandsvollstreckungen<br />

insbesondere entsprechend Artikel 16 und 17 der Richtlinie<br />

2010/24/EU des Rates vom 16. März 2010 über die Amtshilfe bei der Beitreibung von<br />

Forderungen in Bezug auf bestimmte Steuern, Abgaben und sonstige Maßnahmen 380<br />

bei einem länderübergreifend aufgebauten Umsatzsteuerkarussell unter Einbindung<br />

mehrerer nationaler Finanzämter, infolgedessen ein erhöhter Koordinierungsbedarf<br />

besteht.<br />

375 So etwa LG Mannheim, Beschluss vom 21.12.2006, 25 Qs 14/06; ähnlich auch LG Berlin, Beschluss vom<br />

06.03.2006, 526 Qs 47-49/06; vgl. hierzu auch Zöllner, Pahlke/König, AO, 2. Auflage 2009, § 324 Rn. 8 m.w.N.<br />

376 Zöllner, Pahlke/Koenig, AO, 2. Auflage 2009, § 324 Rn. 8.<br />

377 Vgl. hierzu OLG Nürnberg, Beschluss vom 22.09.2010, 1 Ws 504/10; Theile, StV 2009, 161 ff.<br />

378 Zöllner, Pahlke/Koenig, AO, 2. Auflage 2009, § 324 Rn. 16.<br />

379 Vgl. Zöllner, Pahlke/Koenig, AO, 2. Auflage 2009, §§ 281 Rn. 20, § 322 Rn. 29 ff. und § 324 Rn. 31 ff.<br />

380 EU-Amtsblatt Nr. L 084 vom 31/03/2010 S. 0001 – 0012; vgl. hierzu auch Artikel 1 des BeitrRLUmsG vom<br />

07.12.2011 (BGBl. Teil I 2011 Nr. 64 13.12.2011 S. 2592) und BMF-Merkblatt zur zwischenstaatlichen Amtshilfe<br />

bei der Steuererhebung (Beitreibung); Stand: 1. Juli 2011, vom 29. Februar 2012, GZ IV B 6 – S<br />

1320/07/10011: 010.<br />

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