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Arbeitshilfe - Justizakademie Nordrhein-Westfalen

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Teil I Materielles Recht der Vermögensabschöpfung<br />

Entgegen vereinzelter Stimmen im Schrifttum115 halten das wohl überwiegende Schrifttum<br />

und der BGH die Figur der gesamtschuldnerischen Haftung im Verfallsrecht grundsätzlich<br />

für anwendbar 116 . Dies gilt nicht nur im Verhältnis der Tatbeteiligten untereinander, sondern<br />

auch gegenüber Drittempfängern nach § 73 Abs. 3 StGB 117 .<br />

Die Anwendungsvoraussetzungen und einige atypische Fallgestaltungen sind jedoch noch umstritten.<br />

Größere Einigkeit scheint aber zunächst dahin zu bestehen, dass eine solche Anordnung nur dann in<br />

Betracht kommt, wenn bei mehreren Tätern jeder von ihnen (wenigstens zu einem bestimmten Zeitpunkt<br />

118 ) zumindest wirtschaftliche resp. faktische (Mit-)Verfügungsgewalt über den Vermögensgegenstand<br />

gehabt hat und sie sich einig waren, dass jedem die (Mit-)Verfügungsgewalt hierüber<br />

zukommen sollte 119 .<br />

Die (Mit-)Verfügungsgewalt muss dabei einen bestimmen Grad der Festigung dergestalt aufweisen,<br />

dass die Position der anderen Beteiligten nicht derart überwiegt und auf einen jederzeitigen Entzug<br />

des Gegenstandes ausgerichtet ist 120 .<br />

Nicht ausreichend ist es demgegenüber, wenn nur eine derartige Vereinbarung bestand, ohne dass<br />

tatsachlich jeder (Tat-)Beteiligte die Möglichkeit gehabt hat, über die jeweilige Vermögensposition<br />

faktisch zu verfügen 121 .<br />

Unter diesen Voraussetzungen spielt es für die Bestimmung des Erlangten keine Rolle, welchem Tatbeteiligten<br />

welcher Anteil letztlich verbleiben sollte; vielmehr ist gegenüber jedem Einzelnen der Verfall<br />

des (insgesamt) Erlangten mit der Folge der gesamtschuldnerischen Haftung anzuordnen.<br />

Somit geht Spillecke 122 mit ihrer Auffassung fehl, der Entscheidung des 3. (Straf-)Senats vom<br />

27.04.2010 123 könne eine Abkehr des Senats von dieser Figur entnommen werden 124 .<br />

Allerdings können auch bei der Haftung mehrerer als Gesamtschuldner etwaige Härten durch die Anwendung<br />

von § 73c StGB ausgeglichen werden, was – abhängig insbesondere von den jeweiligen<br />

persönlichen Verhältnissen der Verfallsbetroffenen – zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann 125 .<br />

115 Vgl. Schmidt, Gewinnabschöpfung im Straf- und Bußgeldverfahren, 2006, Rn. 259 ff.; Rönnau, Vermögensabschöpfung<br />

in der Praxis, 2003, 231 ff.; Spillecke, NStZ 2010, 568 ff. mit Anm. zu BGH, Beschluss vom<br />

27.04.2010, 3 StR 112/10; Bach, StV 2006, 446 ff.; Wehnert/Mosiek, StV 2005, 568 (573).<br />

116 BGH, Urteil vom 28.10.2010, 4 StR 215/10 m.w.N.; Fischer, StGB, 58. Auflage 2011, § 73 Rn. 16; Joecks,<br />

Münchener Kommentar (MK), StGB Band 2/1 §§ 52-79b, 2005, § 73 Rn. 32; Rübenstahl, AnwaltKommentar<br />

StGB, 2011, § 73 Rn. 25; Wiedner, Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 1. 2011, § 73 StGB<br />

Rn. 29 ff.; da Rosa, NJW 2009, 1702 ff.<br />

117 Vgl. etwa BGH, Beschluss des Ermittlungsrichters vom 09.12.2005, 3 BGs 173/05.<br />

118 Vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 27.04.2010, 3 StR 112/10; Urteil vom 27.10.2011, 5 StR 14/11.<br />

119 BGH, Beschluss vom 27.04.2010, 3 StR 112/10 m.w.N.; da Rosa, NJW 2009, 1702 ff. m.w.N.<br />

120 Wiedner, Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 1. 2011, § 73 StGB Rn. 29.<br />

121 So aber BGH, Beschluss vom 13.11.1996, 3 StR 482/96 (aufgegeben); OLG Zweibrücken, Beschluss vom<br />

27.08.2002, 1 Ws 407/02; offen gelassen in BGH, Urteil vom 28.10.2010, 4 StR 215/10.<br />

122 Vgl. oben Fn. 113.<br />

123 BGH, Beschluss vom 13.12.2006, 4 StR 421/06, und Beschluss vom 27.04.2010, 3 StR 112/10.<br />

124 So i. E. auch BGH, Urteil vom 28.10.2010, 4 StR 215/10.<br />

125 BGH a.a.O.<br />

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