Arbeitshilfe - Justizakademie Nordrhein-Westfalen
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Teil I Materielles Recht der Vermögensabschöpfung<br />
e. Weitere Fallgestaltungen<br />
Die systematische Stellung des § 73 Abs. 3 StGB in das Normgefüge des (Original-)Verfalls und dessen<br />
Wortlaut legen es zunächst nahe, dass zur Begründung eines Verschiebungsfalls die Weitergabe des<br />
originär inkriminierten Vermögens im Sinne des § 73 Abs. 1 und Abs. 2 StGB erforderlich ist. Bei verschiedenen,<br />
eher atypischen Fallgestaltungen ergeben sich daher Zweifel, ob der Zugriff bei einem<br />
Dritten gestützt auf § 73 Abs. 3 StGB noch möglich ist.<br />
(1) Vermischung von inkriminiertem mit legalem Vermögen<br />
Fall 1597 :<br />
Auch die Entscheidung des OLG Hamburg steht in Zusammenhang mit dem „Falk-<br />
Komplex“; der relevante Sachverhalt ist bereits im Rahmen des Falls 9 verkürzt wiedergeben<br />
worden.<br />
Im Rahmen der Weiterleitung des gezahlten Kaufpreises wurden verschiedene Gesellschaften<br />
eingebunden, so u.a. auch die DSF AG und die AFH GmbH.<br />
Nachdem zunächst auf einem Konto der DSF AG ein Teil des Kaufpreises in Höhe von<br />
rund 52.500.000,- Euro verbucht worden war, überwies der Geschäftsführer der AG<br />
einen Betrag in dieser Höhe an die AFH GmbH, wo einige Tage später 52.500.000,-<br />
Euro dem Geschäftskonto dieser Gesellschaft gutgeschrieben wurden. Die Besonderheit<br />
des Falls lag darin, dass auf dem Konto der DSF AG vor Eingang der Zahlung bereits<br />
ein Guthabensaldo von ebenfalls ungefähr 52.000.000,- Euro, aus nicht strafbewehrten<br />
Quellen herrührend, bestand.<br />
Kann daher unter Annahme eines Verschiebungsfalls die AFH GmbH in Anspruch genommen<br />
werden?<br />
Frage:<br />
Warum erscheint der Fall problematisch?<br />
Unproblematisch wäre der Fall dann zu beurteilen gewesen, wenn der inkriminierte Erlös entweder<br />
Schritt für Schritt in bar weitergegeben worden wäre oder aber sich der Stand des Geschäftskontos<br />
der DSF AG zum Zeitpunkt der Verbuchung der Überweisung auf 0,- Euro belaufen hätte. In beiden<br />
Varianten wäre klar gewesen, dass originär Erlangtes im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB weitergereicht<br />
wurde.<br />
Im Fall 15 ist es demgegenüber in der Sphäre der DSF AG zu einer Vermischung von inkriminierten<br />
mit legalem (Buch-)Geld gekommen. Dies dürfte wohl keine Surrogation im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz<br />
2 StGB bewirkt haben, da auf Seiten der DSF AG kein neues Recht, sondern nur ein entsprechend<br />
erhöhter Auszahlungsanspruch gegenüber dem kontoführenden Institut begründet wurde, sondern es<br />
stellt vielmehr eine „vertikale Kontamination“ dar 98 . Vor diesem Hintergrund haben die anwaltlichen<br />
Vertreter in diesem Verfahren auch eingewandt, es könne nicht eindeutig festgestellt werden, ob inkriminiertes<br />
Vermögen oder aber aus dem legalen Vermögensbestand („Bodensatztheorie“) verfügt<br />
worden sei, weshalb von einem „Erfüllungsfall“ auszugehen sei.<br />
97 Der abgewandelt wiedergegebene Sachverhalt ist angelehnt an Hans. OLG Hamburg, Beschluss vom<br />
10.12.2004, 1 Ws 216/04; vgl. auch OLG Thüringen, Beschluss vom 27.07.2004, 1 Ws 234-236/04.<br />
98 Vgl. Fischer, StGB, 58. Auflage 2011, § 261 Rn. 8 und 29.<br />
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