Arbeitshilfe - Justizakademie Nordrhein-Westfalen
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Teil I Materielles Recht der Vermögensabschöpfung<br />
4.2 (Rechts-)Folgen<br />
4.2.1 Verhängung einer Geldbuße<br />
Fall 26230 :<br />
A. und B., Vorstandsmitglieder der ausländischen C. AG, haben ein Gebilde geschaffen,<br />
welches von in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaften Personen, die insoweit<br />
als Haupttäter anzusehen sind, zur Steuerhinterziehung u.a. im Zusammenhang<br />
mit steuerpflichtigen Einkünften genutzt wurde. Vor diesem Hintergrund wurde eine<br />
Vielzahl von Stiftungen und anderen Rechtsgebilden errichtet. Gleichzeitig wurde bewusst<br />
der Kapitaltransfer über eigens zu diesem Zweck gegründete („Omnibus“-<br />
)Gesellschaften, die den eigentlichen Empfänger schützten, verschleiert, mit denen<br />
im Übrigen gezielt als Anreiz zur Gründung einer Stiftung geworben wurde. Das Verfahren<br />
gegen A. und B. wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung<br />
wurde gegen Zahlung hoher Geldbußen gem. § 153a StPO eingestellt.<br />
Über Domizilgebühren, Stiftungsratsvergütungen und Gebühren für Vermögensverwaltung<br />
hat die C. AG wirtschaftliche Vorteile in Höhe von schätzungsweise 15 Mio.<br />
Euro erlangt.<br />
I Geldbuße nach § 17 Abs. 4 OWiG<br />
Die Verhängung einer Geldbuße unter Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils erfordert<br />
zunächst die Begehung einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 OWiG, mithin<br />
eine tatbestandliche, rechtswidrige und vorwerfbare Handlung.<br />
Als Bezugstaten kommen sowohl vorsätzliche als auch fahrlässige Zuwiderhandlungen (vgl. § 10<br />
OWiG) in Betracht. Ist die Ordnungswidrigkeit verjährt, so scheidet auch eine Abschöpfung des wirtschaftlichen<br />
Vorteils aus (§ 31 Abs. 1 OWiG) 231 .<br />
Ferner ist der wirtschaftliche Vorteil zu ermitteln, den der Täter unmittelbar 232 aus der Ordnungswidrigkeit<br />
gezogen hat. Insoweit gilt das Nettoprinzip. Das Gesetz stellt daher – anders als beim Verfall –<br />
nicht davon frei, teilweise aufwendige (Saldierungs-)Ermittlungen anzustellen, weswegen hier die<br />
Hauptprobleme begründet liegen.<br />
Wirtschaftlicher Vorteil ist gleichzusetzen mit tatsächlich erzieltem Gewinn oder Nutzen; es sind daher<br />
nicht nur in Geld bestehende Gewinne relevant, sondern darüber hinaus sonstige Vorteile, wie etwa<br />
eine Verbesserung der Marktlage, ersparte Aufwendungen oder sonstige Gebrauchsvorteile 233 .<br />
Die Ermittlung eines solchen wirtschaftlichen Vorteils erfordert grundsätzlich einen Vergleich der wirtschaftlichen<br />
Position des Betroffenen vor und nach Begehung der Tat. Im Rahmen dieser Saldierung<br />
sind von den durch die begangene Tat erlangten wirtschaftlichen Zuwächsen die Kosten und sonstigen<br />
Aufwendungen des Betroffenen abzuziehen 234 .<br />
Zum Zeitpunkt der Entscheidung 235 ist somit der (Rein-)Gewinn festzustellen, wobei der nachträgliche<br />
Wegfall des zunächst erlangten Vorteils, etwa infolge der Versteuerung oder der Befriedigung von aus<br />
der Tat resultierenden Schadensersatzansprüchen, Berücksichtigen zu finden hat 236 .<br />
230<br />
Das Fallbeispiel ist angelehnt an ein (Groß-)Verfahren der Staatsanwaltschaft Bochum im Bereich Steuerhinterziehung<br />
im Zusammenhang mit der liechtensteinischen LGT-Gruppe. Sämtliche Zahlen etc. sind abgewandelt.<br />
231<br />
Schmidt, Gewinnabschöpfung im Straf- und Bußgeldverfahren, 2006, 5. Teil Rn. 1246.<br />
232<br />
Bär, Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011, § 17 OWiG Rn. 12.<br />
233<br />
Bär, Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011, § 17 OWiG Rn. 12; Schmidt, Gewinnabschöpfung<br />
im Straf- und Bußgeldverfahren, 2006, 5. Teil Rn. 1247.<br />
234<br />
Bär a.a.O.<br />
235<br />
Schmidt a.a.O.<br />
236<br />
Schmidt, Gewinnabschöpfung im Straf- und Bußgeldverfahren, 2006, 5. Teil Rn. 1250.<br />
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