Arbeitshilfe - Justizakademie Nordrhein-Westfalen
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Teil V Internationale Vermögensabschöpfung<br />
17.2 Vermögensabschöpfung i.e.S.<br />
Die nachfolgende Darstellung orientiert sich zunächst an den Regelungen im IRG, insbesondere im<br />
Hinblick auf eingehende Rechtshilfeersuchen.<br />
Im Bereich der Vollstreckungshilfe sind zwei Ebenen zu unterscheiden:<br />
1. Die Vollstreckung ausländischer Verfalls- und Einziehungsentscheidungen, im Rahmen der<br />
EU gemäß §§ 1 Abs. 4, 88 ff. IRG 551 , ansonsten nach §§ 48 ff. IRG.<br />
2. Zur Absicherung bzw. Vorbereitung derartiger Ersuchen können allerdings parallel oder<br />
sogar schon im Vorfeld auf Antrag hin Sicherungsmaßnahmen ausgebracht werden (vgl. §<br />
89 IRG für den Rechtshilfeverkehr mit den Mitgliedstaten der EU und § 58 Abs. 3 IRG in<br />
den sonstigen Fällen).<br />
Bei der sonstigen Rechtshilfe zwischen den Mitgliedstaaten der EU sieht § 94 IRG unter Anwendung<br />
der §§ 58 Abs. 3 und 67 IRG die Vollziehung von Titeln nach §§ 111b ff. StPO vor.<br />
Im Fünften Teil des IRG ist dies nach §§ 66, 67 IRG auch für den (vertragslosen) Rechtshilfeverkehr<br />
außerhalb des Anwendungsbereichs des § 1 Abs. 4 IRG statthaft, wobei § 66 IRG vom Wortlaut her<br />
die Herausgabe von Positionen aus dem Legalvermögen nicht erfasst 552 und somit der Vollzug dinglicher<br />
Arreste ausscheidet.<br />
17.2.1 Herausgabe von Gegenständen und vorläufige Sicherungsmaßnahmen i.S.d. §§<br />
111b ff. StPO im Rahmen der Sonstigen Rechtshilfe bei eingehenden Ersuchen<br />
I (Vertragsloser) Rechtshilfeverkehr nach §§ 66, 67 IRG<br />
Die §§ 66, 67 IRG kommen uneingeschränkt im vertragslosen Rechtshilfeverkehr zur Anwendung,<br />
beanspruchen aber neben bi- und multilateralen Abkommen wie etwa dem EuRhÜbk und dem Eu-<br />
GeldwäscheÜbk auch (subsidiäre) Geltung 553 .<br />
Wichtig in diesem Zusammenhang sind insbesondere die in Artikel 18 EuGeldwäscheÜbk zusammengefassten<br />
fakultativen Ablehnungsgründe u.a. auch für vorläufige Sicherungsmaßnahmen nach Artikel<br />
11 EuGeldwäscheÜbk.<br />
Fall 35:<br />
Die französischen Behörden ermitteln u.a. gegen den flüchtigen E. wegen des Verdachts<br />
des internationalen BtM-Handels. Die dort geführten Ermittlungen haben ergeben,<br />
dass die Tätergruppe die Erlöse aus ihren Verkäufen weltweit angelegt hat, so<br />
u.a. auch auf einem Konto des E. bei der Commerzbank Düsseldorf. Im Wege der<br />
Rechtshilfe bittet das zuständige französische Gericht um „Einfrieren“ der Buchgelder<br />
auf dem betreffenden Konto und um Herausgabe sowohl der E. betreffenden Kontounterlagen<br />
als auch der beschlagnahmten Gelder.<br />
a. § 66 Abs. 1 Nr. 1 – 4 IRG<br />
Nach § 66 IRG kommt die Herausgabe von Gegenständen fakultativ in Betracht, sofern<br />
diesen entweder Beweismittelbedeutung zukommt (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 IRG) oder aber sie<br />
dem Anwendungsbereich der §§ 73 Abs. 1 und 2, 74, 74a StGB unterfallen (§ 66 Abs. 1<br />
Nr. 2 – 4 IRG), wobei zum Kreis der „Betroffenen“ und „Beteiligten“ i.S.d. § 66 Abs. 1 Nr.<br />
2 – 4 IRG (Mit-)Täter, Anstifter und Gehilfen zu zählen sind 554 .<br />
Die Fälle des Verfalls bzw. der Einziehung von Wertersatz nach §§ 73a, 74c StGB sind hingegen nicht<br />
erfasst 555 .<br />
551<br />
In diesen Bereich fällt auch die Vollstreckung von Geldbußen (§§ 86 ff. IRG), da diesen auch eine Gewinnabschöpfungsfunktion<br />
zukommt (vgl. § 17 Abs. 4 OWiG).<br />
552<br />
Hackner/Lagodny/Schomburg/Wolf, internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 2003, 5. Kapitel Grenzüberschreitende<br />
Vermögensabschöpfung Rn. 240.<br />
553<br />
Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis, 2003, Rn. 504 ff.<br />
554<br />
Johnson, Grützner/Pötz/Kreß, IRG, 3. Auflage 24. Lieferung 2011, § 66 Rn. 17.<br />
555 BT-Drucks. 16/6563, S. 13 ff.<br />
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