Arbeitshilfe - Justizakademie Nordrhein-Westfalen
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Teil V Internationale Vermögensabschöpfung<br />
Lösung Fall 35:<br />
Dem Rechtshilfeersuchen ist zu entsprechen .<br />
Das Bankguthaben ist im Wege der Forderungspfändung vorläufig zu beschlagnahmen<br />
(Artikel 11 ff. EuGeldwäscheÜbk; §§ 66 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, 67 Abs. 1 Satz 1,<br />
Abs. 3 Satz 1, 77 IRG; 111b Abs. 1, 111c Abs. 3 Satz 1; 111f StPO).<br />
Die Herausgabe der beweisrelevanten Kontounterlagen (in der Regel als Kopie 568 )<br />
richtet sich nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 IRG; u.U. sind insoweit Durchsuchung und Beschlagnahme<br />
entbehrlich.<br />
Im Übrigen könnte die Überweisung der gepfändeten Forderungen zur Einziehung<br />
und die anschließende Herausgabe des Buchgeldes durch einfache (Bank-<br />
)Überweisung erfolgen (str. 569 ).<br />
II. Rechtshilfeverkehr gemäß §§ 91, 94 IRG<br />
§ 94 IRG steht im Zusammenhang mit dem Rb „Sicherstellung“ und ist Bestandteil des Zehnten Teils<br />
des IRG „Sonstiger Rechtshilfeverkehr mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union“.<br />
Neben § 1 Abs. 4 IRG (vgl. oben) ist hier § 91 IRG von Bedeutung.<br />
Nach Absatz 1 finden die übrigen Bestimmungen des IRG auf den sonstigen Rechtshilfeverkehr mit<br />
den Mitgliedstaaten der Europäischen Union Anwendung, wenn der Zehnte Teil keine besonderen<br />
Regelungen enthält.<br />
Nach Absatz 2 geht der Zehnte Teil des IRG den in § 1 Abs. 3 IRG genannten völkerrechtlichen Vereinbarungen<br />
vor, soweit er abschließende Regelungen enthält; § 91 Abs. 2 IRG ist mithin eine Rückausnahme<br />
von § 1 Abs. 4 IRG bzw. Rückrückausnahme von § 1 Abs. 3 IRG.<br />
Das bedeutet aber auch, dass ein i.S.d. §§ 94, 95 IRG unzulässiges Ersuchen nicht nach den Bestimmungen<br />
des EuRhÜbk oder gem. §§ 59 ff. IRG bewilligt werden kann 570 .<br />
b. Anwendungsbereich des § 94 IRG<br />
Fall 36:<br />
Die österreichische Staatsanwaltschaft in F. ermittelt gegen die Deutsche E. wegen<br />
des Verdachts des Betruges und ersucht unter Beifügung einer in eigener Zuständigkeit<br />
erlassenen „Sicherstellungsanordnung“ über 50.000,- Euro, die durch das Landgericht<br />
in K. richterlich bestätigt worden ist, und einer Bescheinigung i.S.d. Art. 9 Rb<br />
„Sicherstellung“ um Pfändung des Bankguthabens der E. aus sämtlichen Geschäftsverbindungen<br />
mit der in Bochum geschäftsansässigen Stadtsparkasse (§ 110 Abs. 1<br />
Ö-StPO), um den späteren Verfalls nach § 20 Abs. 1 Ö-StGB abzusichern. Dem Ersuchen<br />
ist nicht zu entnehmen, dass die österreichischen mutmaßlich Geschädigten die<br />
erschwindelten Gelder auf Konten der E. bei der SSK Bochum überwiesen haben.<br />
Wie ist hier zu verfahren?<br />
(1) Grundsätzlicher Anwendungsbereich<br />
Der Anwendungsbereich des Rb „Sicherstellung“ ist auf vorläufige Maßnahmen beschränkt. Erfasst<br />
sind letztlich die Ermittlungsmaßnahmen der Beschlagnahme, der sonstigen Sicherstellung sowie der<br />
Durchsuchung.<br />
Die Herausgabe der sichergestellten oder beschlagnahmten Gegenstände ist dagegen ausdrücklich<br />
nicht Gegenstand dieses Rahmenbeschlusses, sondern richtet sich gemäß Artikel 10 Abs. 2 „nach den<br />
Regeln für die Rechtshilfe in Strafsachen und nach den Regeln für die internationale Zusammenarbeit<br />
im Bereich der Einziehung“, also beispielsweise nach dem EuRhÜbk 571 .<br />
568 Vgl. hierzu Johnson, Grützner/Pötz/Kreß, IRG, 3. Auflage 24. Lieferung 2011, § 66 Rn. 13 ff.<br />
569 Vgl. hierzu Johnson, Grützner/Pötz/Kreß, IRG, 3. Auflage 24. Lieferung 2011, § 66 Rn. 9 m.w.N.; Hackner/Lagodny/Schomburg/Wolf,<br />
internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 2003, 5. Kapitel Grenzüberschreitende<br />
Vermögensabschöpfung Rn. 243; Rönnau, Vermögensabschöpfung in der Praxis, 2003, Rn. 503 m.w.N.<br />
570 BT-Drucks. 16/6563, S. 10.<br />
571 BT-Drucks. 16/6563, S. 10.<br />
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