Arbeitshilfe - Justizakademie Nordrhein-Westfalen

Teil V Internationale Vermögensabschöpfung
Der Vollstreckungshilfe sind hier alle Arten des Verfalls und der Einziehung gem. §§ 73, 73a, 73d, 74,
74a, 74c StGB zugänglich, mithin neben dem/der täter- oder teilnehmerbezogenen Verfall und Einziehung
auch der Drittempfänger- und Dritteigentümerverfall nach § 73 Abs. 3 und Abs. 4 StGB und die
Einziehung beim Dritteigentümer gem. § 74a und gegenüber juristischen Personen etc. nach § 75
StGB 586 .
Aus der Formulierung des § 88a Abs. 1 Nr. 2 IRG lässt sich herleiten, dass der Gesetzgeber am Erfordernis
der beiderseitigen Strafbarkeit unter Maßgabe des § 3 Abs. 1 IRG dem Grunde nach festhält, in
Umsetzung der in Artikel 6 Abs. 1 des Rb „Einziehung Gegenseitigkeit“ enthaltenen Vorgaben bei der
vollstreckungsrechtlichen Behandlung der dort aufgeführten „Listendelikte“, die im Entscheidungsstaat
mit einer Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht sind, aber in Nr. 2. a) eine
Ausnahme vorsieht, wobei die Fälle der Vollstreckung von Maßnahmen nach §§ 73d, 74a StGB als
Gegenausnahmen wiederum der Prüfung der Beiderseitigkeit der Strafbarkeit unterfallen.
Letzteres hängt damit zusammen, dass zur Anwendung dieser Maßnahmen eine Anknüpfungstat notwendig
ist, deren Tatbestand besonders auf sie verweist 587 .
a. Zulässigkeitsvoraussetzungen und Bewilligungshindernisse
Fall 37:
Unter Vorlage der Bescheinigung i.S.d. Artikel 4 des Rb „Einziehung Gegenseitigkeit“
ersuchen die niederländischen Strafverfolgungsbehörden um Vollstreckung einer Verfallsentscheidung
im Zusammenhang mit gewerbs- und bandenmäßig begangenen
Betrugstaten, die nach deutschem Recht der Verfolgungsverjährung unterlegen hätten.
Aus den Gründen des niederländischen Urteils ergibt sich weiter, dass der insoweit
Verfallsbetroffene einen Härtefall nach § 73c Absatz 1 Satz 1 StGB für sich in
Anspruch hätte nehmen können.
(1) Obligatorische Voraussetzungen der Zulässigkeit bzw. Zulässigkeitshindernisse gem.
§ 88a IRG
(aa) § 88a Abs. 1 IRG
Neben einer rechtskräftigen und vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidung hat der ersuchende Staat
eine Bescheinigung nach Artikel 4 des Rb „Einziehung Gegenseitigkeit“ vorzulegen (Nr. 1 i.V.m. § 88b
IRG).
Die der Entscheidung zugrunde liegende Tat unterliegt dem Grunde nach der Prüfung der Beiderseitigkeit
der Strafbarkeit (Nr. 2), die entfällt, wenn entweder wegen eines Listendelikts i.S.d. Artikel 6
Abs. 1 des Rb „Einziehung Gegenseitigkeit“ die betreffende Anordnung ergangen ist (Nr. 2 Buchstabe
a) oder aber eine Steuer-, Abgaben-, Zoll- oder Währungsangelegenheit vollstreckt werden soll und
das deutsche Recht keine gleichartigen Steuern oder Abgaben vorschreibt respektive keine gleichartigen
Steuer-, Abgaben-, Zoll- oder Währungsbestimmungen enthält wie das Recht des ersuchenden
Mitgliedstaates (Nr. 2 Buchstabe b).
Bei Maßnahmen nach §§ 73d, 74a StGB verbleibt es hingegen bei der Notwendigkeit, die Beiderseitigkeit
der Strafbarkeit zu prüfen.
Wie bereits bei den Erläuterungen zu § 49 IRG betont, ist die Prüfung der Beiderseitigkeit der Strafbarkeit
von der gebotenen Überprüfung der materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Verfalls und
der Einziehung gem. §§ 73 ff., 74 ff. StGB zu unterscheiden 588 .
Notwendig ist daher die Begehung einer rechtswidrigen Tat beim Verfall und einer vorsätzlichen, mithin
schuldhaften Tat bei der Einziehung.
Einschränkungen ergeben sich nur dadurch, dass etwaige rechtliche Verfahrenshindernisse (vgl. §§
76a und 78 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB) und Ansprüche von Verletzten aus Straftaten
i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB bei der Vollstreckung ausländischer Erkenntnisse unschädlich sind.
586
Hackner, Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 5. Auflage 2011, § 88a
IRG Rn. 4.
587
Hackner, Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 5. Auflage 2011, § 88a
IRG Rn. 7.
588
BR-Drucks. 67/09, S. 45; BT-Drucks. 16/12320, S. 30.
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