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Arbeitshilfe - Justizakademie Nordrhein-Westfalen

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Teil I Materielles Recht der Vermögensabschöpfung<br />

Frage:<br />

Was sind Verschiebungsfälle?<br />

Diese zeichnen sich dadurch aus, dass der Täter oder Teilnehmer einem Dritten die Tatvorteile unentgeltlich<br />

oder aufgrund eines bemakelten Rechtsgeschäfts zukommen lässt, um sie dem Zugriff des<br />

Gläubigers zu entziehen oder um die Tat zu verschleiern. Der BGH sieht den Dritten hier in der Nähe<br />

zur Tatbeteiligung, wenngleich der Täter die Tat und auch die spätere Vermögensverschiebung regelmäßig<br />

primär im eigenen Interesse und allenfalls faktisch (auch) im Interesse des Dritten begehen<br />

wird. Diese Konstruktion ähnelt somit § 822 BGB, der – als Ausnahmefall im Zivilrecht – im Wege der<br />

Durchgriffskondiktion die allerdings nur subsidiäre Inanspruchnahme des unentgeltlich Erlangenden<br />

erlaubt, wohingegen strafrechtlich der zuerst erlangende Täter und (nach Durchgangserwerb) der<br />

Drittempfänger gesamtschuldnerisch haften 91 .<br />

Lösung Fall 13<br />

Zunächst können A. und B. gesamtschuldnerisch haftend gemäß § 73a StGB in Anspruch<br />

genommen werden, da der ursprünglich erlangte Erlös in Höhe von 100.000,-<br />

Euro im Original nicht mehr vorhanden ist 92 .<br />

Ferner erlaubt § 73 Abs. 3 StGB den Zugriff bei C. und bei F., die jeweils unentgeltlich<br />

inkriminiertes Vermögen im Wege eines Verschiebungsfalls erlangt haben. Infolge<br />

der unentgeltlichen Weitergabe schadet ihr guter Glaube insoweit nicht (Rechtsgedanke<br />

des § 822 BGB). Gleiches gilt auch für D., der allerdings auch wegen Geldwäsche<br />

tatverdächtig ist, so dass über § 261 Abs. 7 Satz 1 StGB i.V.m. §§ 74 Abs. 2<br />

Nr. 1 und Nr. 2, 74a Nr. 1 StGB auch die Einziehung des Geldes erwogen werden<br />

könnte. Der Umstand, dass weder A. und B. noch D. Eigentum daran erworben haben,<br />

wäre insoweit unbeachtlich. Ein echtes Konkurrenzverhältnis zwischen § 73 Abs.<br />

3 StGB und den vorgenannten Einziehungsnormen dürfte aber – anders als im Verhältnis<br />

der §§ 73 Abs. 1 und 73 Abs. 3 StGB – nicht bestehen.<br />

Daneben unterliegt sein Honorar in Höhe von 1.000,- Euro, das er für seine Tat erhalten<br />

hat, direkt dem Verfall (§ 73 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StGB).<br />

Fortführung folgt!<br />

Die Rechtsprechung des BGH wird gerade auch vor dem Hintergrund des angedeuteten Konkurrenzverhältnisses<br />

zwischen dem täter- oder teilnehmerbezogenen Verfall (von Wertersatz) nach §§ 73<br />

Absätze 1 und 2, 73a StGB und dem Drittempfängerverfall (von Wertersatz) nach §§ 73 Abs. 3, 73a<br />

StGB nicht unkritisch gesehen:<br />

Während Joecks den diesbezüglichen praxisrelevanten Anwendungsbereich auf die Fälle der<br />

Befriedigung eines Bösgläubigen außerhalb des Anwendungsbereichs des § 261 StGB beschränkt<br />

sieht 93 , da der Bösgläubige als Dritter nicht Täter oder Teilnehmer sein darf, wendet<br />

Rönnau ein, dass – abgesehen davon, dass noch nicht geklärt ist, was unter einem bemakelten<br />

Rechtsgeschäft genau zu verstehen ist – die im Rahmen der Rechtsfortbildung vom BGH<br />

entwickelten beiden Untergruppen der so genannten Verschiebungsfälle im Ergebnis vom Gesetz<br />

nicht vorgesehene Beweiserleichterungen darstellen würden. Bezüglich der Fallgruppe<br />

der bemakelten Rechtsgeschäfte liege der Mangel wohl in dem Verdacht der verdeckten<br />

Unentgeltlichkeit oder in der Durchführung eines Scheingeschäfts, was im Ergebnis auf die<br />

Variante der unentgeltlichen Weitergabe von inkriminierten Vermögenswerten hinauslaufen<br />

91<br />

BGH, Beschluss des Ermittlungsrichters vom 09.12.2005, 3 BGs 173/05; BGH, Urteil vom 30.05.2008, 1 StR<br />

166/07.<br />

92<br />

Fragen nach einer möglichen (teilweisen) Surrogation (Ansprüche von A und B aus §§ 667, 675 BGB) sollen<br />

zunächst außer Betracht bleiben.<br />

93<br />

Joecks, Münchener Kommentar (MK), StGB, 2005, Bd. 2/1, § 73 Rn. 68.<br />

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