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Arbeitshilfe - Justizakademie Nordrhein-Westfalen

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Teil III Rückgewinnungshilfe zu Gunsten von Verletzten aus Straftaten<br />

Zum Merkblatt: Wichtige verfahrenstechnische Hinweise für Geschädigte:<br />

Die Staatsanwaltschaft … hat in der vorliegenden Strafsache neben den Strafverfolgungsermittlungen<br />

zugunsten der Tatverletzten auch die in der Anlage aufgeführten<br />

Vermögenswerte gemäß §§ 111 b ff StPO vorläufig gesichert, um Vermögensverschiebungen<br />

zu verhindern. Die staatlichen Sicherungsmaßnahmen sollen den Tatverletzten<br />

die Möglichkeit eröffnen, ihre Ansprüche in das gesicherte Vermögen vollstrecken zu<br />

können.<br />

Bitte beachten Sie, dass Sie als Tatverletzter selbst aktiv werden müssen!<br />

Auf die von der Staatsanwaltschaft … vorläufig gesicherten Vermögenswerte können<br />

Sie lediglich im Wege der zivilrechtlichen Zwangsvollstreckung Zugriff nehmen.<br />

Voraussetzung für jegliche Zwangsvollstreckungsmaßnahme ist, dass Sie einen<br />

vollstreckbaren zivilrechtlichen Titel gegen den Schuldner erwirken. Als solcher kommen<br />

Urteile, Vergleiche oder auch ein notarielles Schuldanerkenntnis in Betracht. Ausreichend<br />

ist auch ein dinglicher Arrest gem. §§ 916 ff. ZPO als vorläufig vollstreckbarer<br />

Titel.<br />

Auf Grundlage eines solchen Titels können Sie in das bereits durch die Staatsanwaltschaft<br />

vorläufig gesicherte Vermögen die Zwangsvollstreckung betreiben.<br />

Das in der Zwangsvollstreckung gemäß § 804 Abs. 3 ZPO herrschende Prioritätsprinzip<br />

gilt auch in diesem Verfahren ohne Einschränkung. Dies bedeutet, dass das durch eine<br />

frühere Pfändung begründete Pfandrecht demjenigen vorgeht, das durch eine spätere<br />

Pfändung begründet wird. Eine Besonderheit ergibt sich aus §§ 111g, 111h StPO. Sie<br />

eröffnen ausschließlich den Tatverletzten nach durchgeführter Zwangsvollstreckung<br />

die Möglichkeit, in die Rangposition des Staates (der Staatsanwaltschaft) einzutreten.<br />

Hierzu ist es erforderlich, dass Sie nach vollzogener Pfändung gem. §§ 111g / h StPO<br />

beim zuständigen Gericht den Antrag auf Zulassung der Zwangsvollstreckung stellen.<br />

Mit der gerichtlichen Zulassung der Zwangsvollstreckung treten Sie in die Rangposition<br />

der Staatsanwaltschaft ein. Stellen mehrere Tatverletzte den Zulassungsantrag, so findet<br />

wiederum § 804 Abs. 3 ZPO mit der Konsequenz Anwendung, dass das früher begründete<br />

Pfandrecht dem späteren vorgeht.<br />

Die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen, verbunden mit dem Kostenrisiko,<br />

liegt stets im Ermessen der Tatverletzten. Die Erfolgsaussichten eines gerichtlichen<br />

Verfahrens zur Durchsetzung Ihres Schadensersatzanspruches oder Rückzahlungsanspruches<br />

sowie die damit verbundene Kosten-Nutzen-Frage können Sie ggf. mit einem<br />

Rechtsanwalt Ihrer Wahl erörtern. Haben Sie bitte Verständnis dafür, dass weder<br />

Staatsanwaltschaft noch Polizei Ratschläge zum Verfahren oder Auskünfte zu den Erfolgsaussichten<br />

geben können. Bitte sehen Sie daher von entsprechenden Rückfragen<br />

ab.<br />

Nicht ausreichend ist die bloße Anmeldung der Forderung bei der Staatsanwaltschaft.<br />

Ein solches Vorgehen entfaltet keinerlei Rechtswirkung!<br />

Wenden Sie sich daher bitte ggf. an einen Rechtsanwalt!<br />

Wichtig ist dabei, dass die Individualbenachrichtigung mehrerer Verletzter zeitgleich erfolgt, um die<br />

Chancengleichheit zu wahren 389 , denn im Verhältnis der Verletzten untereinander gilt das Prioritätsprinzip<br />

390 .<br />

II Zulassungsverfahren nach §§ 111g, 111h StPO<br />

a. Einleitung<br />

Die §§ 111g, 111h StPO sind für die Rückgewinnungshilfe von besonderer Bedeutung, privilegieren sie<br />

doch den Tatverletzten gegenüber dem sonstigen Gläubiger, indem vollstreckungsrechtlich gesehen<br />

der Verletzte nach erfolgreicher Zulassung vom Rang her an die Stelle des Staates rückt. Auf diese<br />

Weise können nicht nur etwaige in der Zwischenzeit vom Täter oder sonst Beschlagnahme- oder Ar-<br />

389 Lohse, AnwaltKommentar StPO, 2. Auflage 2010, § 111e Rn. 4.<br />

390 BGH, Urteil vom 06.04.2000, IX ZR 442/98.<br />

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