Arbeitshilfe - Justizakademie Nordrhein-Westfalen
Arbeitshilfe - Justizakademie Nordrhein-Westfalen
Arbeitshilfe - Justizakademie Nordrhein-Westfalen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Teil I Materielles Recht der Vermögensabschöpfung<br />
In den Fällen der Unmöglichkeit respektive des Absehens vom Originalverfall eröffnet § 73a StGB die<br />
Zugriffsmöglichkeit auf das Legalvermögen des Verfallsbetroffenen, im Falle der rechtskräftigen<br />
Anordnung per Urteil oder Beschluss über einen wie bei einer Geldstrafe beizutreibenden staatlichen<br />
Zahlungsanspruch bzw. im Ermittlungsverfahren über den Vollzug eines strafprozessualen dinglichen<br />
Arrestes nach §§ 111b Abs. 2, 111d, 111e, 111f StPO.<br />
Da § 73a StGB systematisch an § 73 StGB anknüpft, ist es notwendig, dass der Täter/Tatbeteiligte/Drittempfänger<br />
zunächst etwas im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB erlangt hat, das aber<br />
nicht mehr vorhanden ist und daher von § 73 Abs. 1 StGB nicht (mehr) erfasst wird 135 .<br />
1.3.2 Fallgruppen<br />
Fall 23:<br />
A. hat sowohl Schwarzumsätze in erheblichem Umfang verschwiegen als auch Vorsteuererstattungen<br />
im Zusammenhang mit Scheinrechnungen (§ 14c UStG) zu Unrecht<br />
für sich in Anspruch genommen. Infolge der von ihm abgegebenen unrichtigen<br />
Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuerjahreserklärungen für das Jahr 2009 ist es<br />
zu einer Steuerverkürzung von insgesamt 1 Mio. Euro gekommen. Darin sind nicht<br />
nur ersparte Aufwendungen im Kontext seiner Schwarzumsätze, sondern auch Vorsteuererstattungen<br />
in Höhe von 350.000,- Euro, die seinem Geschäftskonto, das<br />
nach der Einrichtung noch den Saldo von 0,- Euro aufweist, gutgeschrieben wurden,<br />
enthalten.<br />
Von diesen 350.000,- Euro hat er 50.000,- verspielt, 80.000,- Euro in den Kauf eines<br />
Gemäldes investiert, das ihm aber auf dem Weg nach Hause entwendet wurde, mit<br />
20.000,- Euro unerwartet günstig einen Oldtimer erworben und den restlichen Betrag<br />
zum Kauf einer überteuerten Immobilie verwandt, die vermietet werden soll.<br />
Ausweislich eines eingeholten Wertgutachtens weist das erworbene Objekt einen<br />
Verkehrswert von (noch) 170.000,- Euro auf.<br />
Auf welche materiell-rechtlich Grundlagen sind die im Wege der Rückgewinnungshilfe<br />
(§§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB; 111b Abs. 5 StPO) zu Gunsten des geschädigten Finanzamts<br />
zu veranlassenden vorläufigen Sicherungsmaßnahmen nach §§ 111b ff. StPO zu<br />
stützen?<br />
I § 73a Satz 1 Alt. 1 StGB<br />
Wegen der Beschaffenheit des Erlangten ist die Anordnung nicht möglich, wenn das Erlangte in der<br />
Ersparnis sonst notwendiger Aufwendungen oder in Gebrauchsvorteilen bestand, aber auch, wenn das<br />
Erlangte mit einer anderen Sache vermischt oder verbunden oder verarbeitet worden ist (§§ 946, 947,<br />
950 BGB) 136 .<br />
II § 73a Satz 1 Alt. 2 StGB<br />
Die Unmöglichkeit des Verfalls aus einem anderen Grund ist gegeben, wenn der Täter/Teilnehmer/Drittempfänger<br />
den Gegenstand verbraucht, verloren, unauffindbar beiseite geschafft<br />
oder an eine andere, nicht tatbeteiligte dritte Person rechtswirksam übertragen hat 137 .<br />
III § 73a Satz 1 Alt. 3 StGB<br />
Schließlich kann vom (Original-)Verfall eines Surrogats nach § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB auch abgesehen<br />
werden, so dass stattdessen der Wertersatzverfall anzuordnen ist. Dies bietet sich insbesondere dann<br />
an, wenn die spätere Verwertung des Surrogats Schwierigkeiten aufwirft und der Betroffene noch<br />
über weitere Vermögenswerte verfügt, die in der Vollstreckung einfacher zu handhaben sind.<br />
IV § 73a Satz 2 StGB<br />
Daneben kann parallel zum (Original-) zudem der (Wertersatz-)Verfall Anwendung finden, wenn der<br />
ursprüngliche Wert eines Gegenstandes zum Zeitpunkt der Verfallsanordnung niedriger ist.<br />
135 Fischer, StGB, 58. Auflage 2011, § 73a Rn. 2.<br />
136 Fischer, StGB, 58. Auflage 2011, § 73a Rn. 4.<br />
137 Fischer, StGB, 58. Auflage 2011, § 73a Rn. 5.<br />
50