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Arbeitshilfe - Justizakademie Nordrhein-Westfalen

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Teil II Verfahrensrecht<br />

Lösung Fall 27:<br />

Ein Beschlagnahme- oder Arrestgrund dürfte unproblematisch anzunehmen sein. Dafür<br />

spricht vor allen Dingen, dass die konkrete Tatausführung auf Verdunkelung angelegt<br />

war. Zum anderen dürfte bei einem der Haupttäter auch sein früheres Prozessverhalten<br />

entsprechend gewürdigt werden können.<br />

III Abwendungsbefugnis<br />

Sowohl bei der Beschlagnahme als auch beim dinglichen Arrest besteht eine rechtliche Befugnis, die<br />

Beschlagnahme oder die Pfändung im Wege der Zwangsvollstreckung abzuwenden.<br />

Anders als bei der Beschlagnahmeanordnung (zu vgl. § 111c Abs. 6 StPO) ist dieses Recht unter Bezifferung<br />

eines konkreten Geldbetrages in den Tenor des dinglichen Arrestes mit aufzunehmen (§§ 111d<br />

Abs. 2 StPO i.V.m. § 923 ZPO) 278 .<br />

IV Verhältnismäßigkeitsprüfung/Qualifiziertes Sicherstellungsbedürfnis<br />

Da die Sicherstellung die Nutzungs- und Verfügungsmöglichkeiten des hiervon (möglicherweise sogar<br />

gutgläubigen) Betroffenen beschränkt und deshalb an Artikel 14 GG zu messen ist, bedarf es einer<br />

sorgfältigen Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme. Dies gilt in besonderem Maße für den<br />

Erlass eines in das Gesamtvermögen vollstreckbaren dinglichen Arrestes 279 .<br />

Neben den oben bereits skizzierten Vorgaben des BVerfG, wonach bei betreffender Prüfung auch Besonderheiten<br />

der Verdachtslage Bedeutung erlangen können 280 , sind hier desweiteren die Härteklausel<br />

nach § 73c StGB und die Regelung des § 74b StGB von Bedeutung 281 .<br />

In den Fällen der Rückgewinnungshilfe ist zudem bei Prüfung des qualifizierten Sicherstellungsbedürfnisses<br />

gesondert darzulegen, warum im Einzelfall die Geschädigten nicht ausschließlich eigenständig<br />

tätig werden können.<br />

Die diesbezügliche Rechtsprechung wird ausführlich an anderer Stelle behandelt.<br />

V Ausübung von Ermessen<br />

§ 111b StPO räumt Ermessen ein. Damit trägt das Gesetz der Tatsache Rechnung, dass Verfall und<br />

Einziehung, selbst wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen, nicht zwingend vorgeschrieben<br />

sind (§ 430 StPO) 282 . Sofern diese erfüllt sind, dürfte in der Regel hingegen eine Ermessensreduktion<br />

gegeben sein 283 , wobei der Umstand, dass es sich bei den §§ 74, 74a und 74c StGB selbst<br />

um Ermessensnormen handelt, zu einer Einschränkung führt 284 . In den Fällen der Rückgewinnungshilfe<br />

dürfte den Ermittlungsbehörden allerdings ein weitergehendes Ermessen zuzubilligen sein 285 .<br />

6.1.3 Darlegungserfordernisse<br />

Die Voraussetzungen für einen Beschlagnahme- oder Arrestbeschluss sind in den schriftlichen Gründen<br />

im Einzelnen darzulegen, wofür leerformelartige Formulierungen und die bloße Wiederholung der<br />

einschlägigen Gesetze nicht ausreichen 286 . Es kann aber zunächst dahinstehen, ob staatliche Ansprüche<br />

auf Verfall (von Wertersatz) zu sichern sind oder ob es sich um eine Maßnahme nach §111b Abs.<br />

5 StPO handelt (str.) 287 . Im Übrigen ist bei einer Beschlagnahmeanordnung der zu sichernde Gegenstand<br />

so hinreichend wie möglich und bei einem Arrest der genaue Geldbetrag anzugeben.<br />

278<br />

Meyer-Goßner, StPO, 54. Auflage 2011, § 111d Rn. 10.<br />

279<br />

Lohse, AnwaltKommentar StPO, 2. Auflage 2010, § 111b Rn. 4 und § 111d Rn. 5 ff.; Meyer-Goßner, StPO, 54.<br />

Auflage 2011, § 111d Rn 15.<br />

280<br />

Lohse, AnwaltKommentar StPO, 2. Auflage 2010, § 111d Rn. 5.<br />

281<br />

Meyer-Goßner, StPO, 54. Auflage 2011, § 111b Rn. 14; Lohse, AnwaltKommentar StPO, 2. Auflage 2010, §<br />

111d Rn. 5 und 15; Nack, Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Auflage 2008, § 111b Rn. 11 ff.<br />

282<br />

Nack, Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Auflage 2008, § 111b Rn. 10.<br />

283<br />

Lohse, AnwaltKommentar, StPO, 2. Auflage 2010, § 111b Rn. 5.<br />

284<br />

Vgl. Nack, Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Auflage 2008, § 111b Rn. 12.<br />

285<br />

Lohse, AnwaltKommentar, StPO, 2. Auflage 2010, § 111b Rn. 6 und 20.<br />

286<br />

Lohse, AnwaltKommentar, StPO, 2. Auflage 2010, § 111d Rn. 9.<br />

287<br />

Meyer-Goßner, StPO, 54. Auflage 2011, § 111b Rn. 7 m.w.N.<br />

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