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Arbeitshilfe - Justizakademie Nordrhein-Westfalen

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Teil III Rückgewinnungshilfe zu Gunsten von Verletzten aus Straftaten<br />

b. Voraussetzungen<br />

§ 111i Abs. 2 Satz 1 StPO erfordert eine zweistufige Prüfung, zum einen der §§ 73, 73a und 73d StGB<br />

und zum anderen des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB, der gem. § 73d Abs. 1 Satz 3 StGB auch beim erweiterten<br />

Verfall gilt 436 .<br />

Flankierend dazu sind die §§ 73b und 73c StGB anzuwenden, welches häufig übersehen wird 437 .<br />

Wird unter Beachtung des § 73c Abs. 1 StGB daher teilweise von der Anordnung des Verfalls abgesehen,<br />

hat dies zur Folge, dass der in der Urteilsformel allein zu bezeichnende Vermögensgegenstand<br />

bzw. Geldbetrag, den der Staat bei Vorliegen des Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar<br />

oder als Zahlungsanspruch erwirbt, hinter dem Erlangten bzw. dessen Wert zurückbleibt 438 .<br />

In personeller Hinsicht können derartige Feststellungen nicht nur täter- respektive teilnehmerbezogen,<br />

sondern darüber hinaus in den Fällen des Drittempfängerverfalls (§ 73 Abs. 3 StGB) getroffen werden<br />

439 .<br />

Feststellungen i.S.d. § 111i Abs. 2 StPO auch gegen den Dritteigentümer (§ 73 Abs. 4 StGB) sind hingegen<br />

nahezu ausgeschlossen.<br />

Abschließend gilt es zu prüfen, ob Täter, Teilnehmer oder Drittempfänger – ggf. auch unter Berücksichtigung<br />

des § 73c StGB – im Verbund gesamtschuldnerisch haften, was zu individuell unterschiedlich<br />

hohen Beträgen führen kann 440 .<br />

(Teil-)Fazit:<br />

Regelungsgehalt und Rechtsfolgen der Maßnahmen sind einerseits nach §§ 73, 73a, 73d<br />

StGB und andererseits nach § 111i Abs. 2 und 5 StPO dem Grunde nach identisch. Deshalb<br />

kann materiell-rechtlich betrachtet bei § 111i Abs. 2 StPO kein anderer Maßstab, als<br />

bei §§ 73 ff. StGB geboten, angezeigt sein.<br />

c. Ermessensentscheidung<br />

Die Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO, der gegenüber der bloßen Verlängerung des Sicherungstitels<br />

nach § 111i Abs. 1 StPO in der Regel der Vorrang gebührt, unterliegt dem tatrichterlichen Ermessen.<br />

Ein Ermessen steht dem Gericht desweiteren bei der Frage zu, ob von dem Verfahren nach § 111i<br />

Abs. 2 – 7 StPO aus sonstigen Gründen abgesehen werden soll, was allerdings auf absolute Ausnahmefälle<br />

beschränkt sein dürfte 441 . Dem Beschleunigungsgrundsatz, welcher bereits bei der Prüfung<br />

einer Verfahrensbeschränkung nach §§ 430, 442 StPO Berücksichtigung findet, kann jedenfalls bei der<br />

Ausübung des nachgelagerten Ermessens nach § 111i Abs. 2 StPO keine weitere Bedeutung mehr<br />

zukommen 442 .<br />

Ob und inwieweit darüber hinaus das Spannungsverhältnis zwischen ausgebrachten Sicherungsmaßnahmen<br />

nach §§ 111b ff. StPO und dem eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beschlagnahme-<br />

oder Arrestbetroffenen ermessensleitend zu berücksichtigen ist, wird an anderer Stelle<br />

ausführlich behandelt 443 .<br />

436 Vgl. hierzu auch Eschelbach, Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011, § 111i StPO Rn. 6.<br />

437 BGH, Beschluss vom 18.12.2008, 3 StR 460/08; Beschluss vom 07.01.2009, 5 StR 451/08; Beschluss vom<br />

18.02.2009, 1 StR 731/08; Beschluss vom 10.11.2009, 4 StR 443/09; Urteil vom 28.10.2010, 4 StR 215/10<br />

m.w.N.<br />

438 BGH, Urteil vom 28.10.2010, 4 StR 215/10; Beschluss vom 01.03.2011, 4 StR 30/11.<br />

439 BGH, Beschluss vom 08.02.2011, 1 StR 651/10; vorgehend LG Münster, Urteil vom 12.04.2010, 7 KLs 44 Js<br />

67/09 (10/10) – n.v. -; Lohse, AnwaltKommentar StPO, 2. Auflage 2010, § 111i Rn. 13; so wohl auch Nack,<br />

Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Auflage 2008, § 111i Rn. 2 und 18.<br />

440 BGH, Urteil vom 28.10.2010, 4 StR 215/10; Beschluss vom 08.12.2010, 2 StR 372/10; Beschluss vom<br />

13.07.2011, 1 StR 42/11; offen gelassen im Urteil vom 27.10.2011, 5 StR 14/11.<br />

441 Meyer-Goßner, StPO, 54. Auflage 2011, § 111i Rn. 8 m.w.N.<br />

442 Lohse, AnwaltKommentar StPO, 2.Auflage 2010, § 111i Rn. 13.<br />

443 Vgl. Teil IV „Spannungsverhältnis zwischen Sicherungsmaßnahmen nach §§ 111b ff. StPO und eröffnetem<br />

Insolvenzverfahren.<br />

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