Arbeitshilfe - Justizakademie Nordrhein-Westfalen
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Teil III Rückgewinnungshilfe zu Gunsten von Verletzten aus Straftaten<br />
Die Zulassung nach § 111g StPO setzt zunächst voraus, dass nach § 111b Abs. 5 StPO im Wege der<br />
Rückgewinnungshilfe Sicherungsmaßnahmen über den Vollzug entweder einer Beschlagnahmeanordnung<br />
nach § 111c StPO oder aber eines dinglichen Arrest in das bewegliche Vermögen erfolgreich<br />
durchgeführt worden sind.<br />
Im Übrigen ist das Verfahren grundsätzlich nur bis zur Rechtskraft des Urteils 395 bzw. der selbständigen<br />
Verfallsentscheidung i.S.d. §§ 76a StGB; 440, 441, 442 StPO, die in der Regel auf dem Beschlusswege<br />
ergeht 396 , möglich, es sei denn, das Gericht macht vom § 111i Abs. 2 – 8 StPO Gebrauch<br />
397 .<br />
In einem solchen Fall kann die Zulassung noch bis zum Fristende i.S.d. § 111i Abs. 5 StPO<br />
erfolgen.<br />
Zur Fristwahrung maßgeblich ist der Eingang des Zulassungsantrags zur Zeit des Bestands des Sicherungstitels.<br />
Sollte dieser später wegfallen, ist dies unschädlich 398 .<br />
Darüber hinaus ist die Zulassung wie folgt an weitere Voraussetzungen geknüpft:<br />
(aa) Vollstreckungstitel<br />
Zur Zulassung bedarf es eines wenigstens vorläufig vollstreckbaren Titels, etwa i.S.d. §§ 704, 708,<br />
794 ZPO. Daneben erfasst § 111g StPO auch die Vollziehung eines ZPO-Arrestes.<br />
Bei Letzterem steht einem Arrestgrund nach § 917 ZPO nicht entgegen, dass in das Vermögen des<br />
Arrestgegners bereits der dingliche Arrest der strafprozessualen Rückgewinnungshilfe gemäß §§<br />
111d ff. StPO angeordnet und vollzogen ist 399 .<br />
(bb) Tatverletzter<br />
Der Antragsteller muss ferner „Verletzter“ aus einer Straftat (i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB) sein.<br />
Neben dem unmittelbar Tatgeschädigten und dessen Rechtsnachfolger 400 steht auch dem Insolvenzverwalter<br />
als Partei kraft Amtes ein derartiges Antragsrecht zu 401 . Eine andere Betrachtung<br />
würde die Rückgewinnungshilfe zu Gunsten der Masse eines Insolvenzverfahrens, welche durch<br />
Straftaten droht geschmälert zu werden, ohne sachlichen Grund zweckwidrig einschränken 402 .<br />
(cc) Anspruch des Verletzten aus der Tat<br />
Der (titulierte) Anspruch des Verletzten muss aus der Tat (i.S.d. § 264 StPO) herrühren, die Gegenstand<br />
des Ermittlungs- bzw. Strafverfahrens ist 403 .<br />
Dies ist durch den jeweils Antragsberechtigten nach § 111g Abs. 2 Satz 3 StPO glaubhaft zu machen.<br />
Es gilt das Freibeweisverfahren im Sinne des § 294 ZPO (§ 111g Abs. 2 Satz 4 StPO) und<br />
damit auch § 294 Abs. 2 ZPO, wonach eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, etwa<br />
weil benannte Zeugen nicht präsent sind 404 , unstatthaft ist. In der Praxis wird diese Bestimmung<br />
überaus großzügig ausgelegt, um die Zulassung nicht zu gefährden.<br />
Häufig reicht für die Glaubhaftmachung bereits der Vollstreckungstitel aus, wenn sich die notwendigen<br />
Informationen daraus ergeben.<br />
§ 111g Abs. 2 Satz 3 StPO bestimmt nicht nur die Substantiierungslast auf Seiten des Verletzten, sondern<br />
auch den Prüfungsumfang des gerichtlichen Verfahrens, was häufig zu Schwierigkeiten führt.<br />
395<br />
OLG Köln, Beschluss vom 07.05.2003, 2 Ws 170/03.<br />
396<br />
Meyer-Goßner, StPO, 54. Auflage 2011, § 441 Rn. 4.<br />
397<br />
Lohse, AnwaltKommentar StPO, 2. Auflage 2010, § 111g Rn. 2; vgl. auch Meyer-Goßner, StPO, 54. Auflage<br />
2011, § 111i Rn. 19.<br />
398<br />
OLG Hamm, Beschluss vom 06.06.2002, 2 Ws 107/02.<br />
399<br />
OLG Frankfurt, Beschluss vom 09.11.2009, 19 W 71/09.<br />
400<br />
Vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 08.10.2007, 3 Ws 560/07.<br />
401<br />
OLG Celle, Beschluss vom 08.10.2007, 2 Ws 296/07; Lohse, AnwaltKommentar StPO, 2. Auflage 2010, § 111g<br />
Rn. 3; a.A. OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 15.05.2006, 3 Ws 466/06; wohl auch OLG Thüringen, Beschluss<br />
vom 27.06.2011, 1 Ws 237/11.<br />
402<br />
So etwa auch AG Bochum, Beschluss des Ermittlungsrichters vom 22.06.2011, 64 Gs 1880/11 – n.v. -.<br />
403<br />
OLG Hamm, Beschluss vom 25.02.1999, 4 Ws 7271/98.<br />
404<br />
Geimer/Greger, Zöllner, ZPO, 28. Auflage 2010, § 294 Rn. 3.<br />
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