Arbeitshilfe - Justizakademie Nordrhein-Westfalen
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Teil I Materielles Recht der Vermögensabschöpfung<br />
1.2.6 Erlangen Mehrerer<br />
I Einführung<br />
In der staatsanwaltschaftlichen Praxis überwiegen Fallgestaltungen, bei denen nicht nur ein, sondern<br />
mehrere Täter und/oder Teilnehmer ggf. auch neben Dritten (im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB) entweder<br />
zeitgleich – etwa im Rahmen der gemeinsamen Aufbewahrung der Tatbeute – oder zeitlich sukzessive<br />
nacheinander – beispielsweise bei einem arbeitsteilig abgewickelten BtM-Geschäft – strafbewehrt<br />
(gemeinschaftlich) erlangt haben. Vergleichbare Konstellationen im Zivilrecht werden auf<br />
Rechtsfolgenseite über die Figur der gesamtschuldnerischen Haftung (§§ 823, 830, 840 i.V.m. 422 ff.<br />
BGB) gelöst.<br />
Im Strafrecht ist es umstritten, ob und unter welchen Voraussetzungen eine an § 426<br />
BGB angelehnte gesamtschuldnerische Haftung im Verhältnis von Tätern, Teilnehmern<br />
und Drittempfängern zum Tragen kommt und welche Folgen daraus für bereits im Ermittlungsverfahren<br />
nach §§ 111b ff. StPO veranlasste vorläufige Sicherungsmaßnahmen<br />
oder den staatlichen Auffangrechtserwerb nach § 111i StPO zu ziehen sind.<br />
II Voraussetzungen der gesamtschuldnerischen Haftung<br />
Fall 19:<br />
A. und B. haben gemeinsam den Verkauf von 1 kg Heroin, das sie zuvor in den Niederlanden<br />
erworben hatten, geplant. Die eigentliche Tat ist entsprechend der gemeinsam<br />
erfolgten Absprache dergestalt arbeitsteilig durchgeführt worden, dass B.<br />
zunächst mögliche Kaufinteressenten eruierte, im Anschluss daran jedoch A. den<br />
Verkauf vornahm und den Gesamterlös in Höhe von 100.000,- Euro in bar vereinnahmte.<br />
Danach lieferte A. den Betrag an B. ab, der ihn in einem Schließfach deponierte.<br />
Ob und in welchem Umgang später eine Aufteilung erfolgt ist, konnte nicht<br />
geklärt werden.<br />
Fall 20114 :<br />
A., B. und C. haben geplant, einen Spielclub zu überfallen, von dem sie wussten,<br />
dass dort illegales Glückspiel betrieben wird. Entsprechend dieses gemeinsam gefassten<br />
Tatplans betraten A., B. und C. die Lokalität, wobei der A. die Gäste unter Vorhalt<br />
einer Schusswaffe resp. eines einer Schusswaffe täuschend ähnlich aussehenden Gegenstandes<br />
aufforderte, sich hinzulegen. Nachdem die Anwesenden dem nachgekommen<br />
waren, durchsuchten B. und C. die am Boden Liegenden und nahmen einem<br />
Gast 22.000,- Euro, einem weiteren 3.500,- Euro und dem Betreiber des Cafés 500,-<br />
Euro ab. Danach flüchteten sie vom Tatort und fuhren gemeinsam zwei Orte in <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong><br />
an. Nicht geklärt werden konnte, ob und gegebenenfalls wie die Angeklagten<br />
das erbeutete Geld im Einzelnen untereinander aufgeteilt haben; es konnte<br />
lediglich festgestellt werden, dass der B. davon mindestens 5.500,- Euro erhalten<br />
hatte, die er zum Kauf eines Pkw Audi A3 verwandte.<br />
114 Angelehnt an BGH, Urteil vom 28.10.2010, 4 StR 215/10.<br />
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