Teil IV Spannungsverhältnis zwischen Sicherungsmaßnahmen und eröffnetem Insolvenzverfahren ziehung von ZPO-Arresten. Im Falle des rechtskräftigen Ausspruchs des Verfalls etc. könnte daher der Staat die Absonderungsrechte nach §§ 49, 50 InsO geltend machen. Der Grundsatz der par conditio creditorum im Spannungsverhältnis zu der strafprozessualen Vermögensabschöpfung (Diss.), 2008, S. 132; Rönnau, FS für Achenbach, 2011, 385 (400 ff.). 142
Teil IV Spannungsverhältnis zwischen Sicherungsmaßnahmen und eröffnetem Insolvenzverfahren 12.2 Sicherungsmaßnahmen im Wege der Rückgewinnungshilfe Fall 34: Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen richten sich gegen A., der sich wegen einer Vielzahl von Betrugstaten aus dem Jahre 2009 strafrechtlich zu verantworten hat; sein diesbezüglicher Erlös beläuft sich auf insgesamt 500.000,- Euro. Im Rahmen der Vollziehung des in dieser Höhe vom zuständigen AG am 06.07.2009 erlassenen dinglichen Arrestes konnten im Juli 2009 Vermögenswerte im nominellen Gesamtwert von 150.000,- Euro vorläufig gesichert werden, davon 50.000,- Euro in bar, die hinterlegt worden sind, ferner Forderungen in derselben Größenordnung und zuletzt 50.000,- Euro als Höchstbetragssicherungshypothek in eine dem A. gehörende Immobilie. Dem Geschädigten B. gelingt es, zeitnah im August 2009 einen Titel in Höhe von 20.000,- Euro zu erwirken, im selben Monat im Wege der Forderungspfändung die Zwangsvollstreckung in das hinterlegte Geld zu betreiben und auf seinen Antrag hin im September 2009 gem. § 111g StPO zur Zwangsvollstreckung zugelassen zu werden. Der Geschädigte C. ist ebenfalls zivilprozessual tätig geworden und vollstreckt im Oktober 2009 ein im September 2009 gegen A. erwirktes Versäumnisurteil über 10.000,- Euro in der Weise, dass der Hinterlegungsstelle ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugestellt wird. Die übrigen Geschädigten bleiben hingegen untätig. Nachdem auf Fremdantrag hin am 02.06.2011 das (Privat-)Insolvenzverfahren über das Vermögen des A. eröffnet worden ist, beantragt C. beim zuständigen AG im Juli 2011 mit Erfolg die Zulassung zur Zwangsvollstreckung. Schließlich stellt das LG in seinem am 01.11.2011 erlassenen Urteil gegen A. gem. § 111i Abs. 2 StPO fest, dass gegen ihn wegen eines Geldbetrages in Höhe von 470.000,- Euro lediglich deshalb nicht auf Verfall erkannt wird, weil Ansprüche Verletzter entgegen stehen. Taggleich wird deswegen auch der dingliche Arrest unter Reduzierung der ursprünglichen Arrestsumme auf nunmehr 470.000,- Euro um drei Jahre verlängert (§ 111 Abs. 3 StPO). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Mittlerweile hat der Insolvenzverwalter gegen die Aufrechterhaltung der noch offenen Pfändungen gem. § 111f Abs. 5 StPO Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt, nachdem zuvor die Staatsanwaltschaft seinem Ansinnen, die Maßnahmen aufzuheben, nicht nachgekommen war. Die Rechtslage ist im Spannungsverhältnis von ausgebrachten Sicherungsmaßnahmen zu Gunsten von Tatgeschädigten und eröffnetem Insolvenzverfahren noch komplexer als bei der Absicherung staatlicher Ansprüche auf Verfall. Zunächst nur auf der Ebene der staatlich veranlassten Sicherungen gedacht, ist auch hier wieder zwischen vollzogener Beschlagnahmeanordnung und vollzogenem dinglichen Arrest zu unterscheiden, wobei infolge der Einführung des § 111i StPO (n.F.) zum 01.01.2007 darüber hinaus Anlass besteht, zwischen Alt- und Neufällen eine weitere Differenzierung vorzunehmen. Ferner sind aber auch die durch den Tatverletzten bewirkten Pfändungen in die seitens der Staatsanwaltschaft vorläufig gesicherten Vermögenswerte des Arrestbetroffenen auf ihre Insolvenzfestigkeit hin zu untersuchen, was verschiedene Fragen insbesondere zu den insolvenzrechtlich zu ziehenden Folgen der Zulassung zur Zwangsvollstreckung nach §§ 111g, 111h StPO aufwirft 500 . Keine Probleme ergeben sich, wenn staatsanwaltschaftliche Pfändungen, die Zwangsvollstreckung der Verletzten und die Zulassung zur Zwangsvollstreckung jeweils „insolvenzfest“ erfolgt sind 501 . 500 Vgl. hierzu Rönnau, FS für Achenbach, 2011, 385 (392 ff.). 501 Vgl. Schäfer, Löwe/Rosenberg, StPO, Bd. 2, 25. Auflage 2004, § 111b Rn. 50d; Greier, ZInsO 2007, 953 ff.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 03.06.2009, 3 Ws 214/09. 143