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Arbeitshilfe - Justizakademie Nordrhein-Westfalen

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Teil V Internationale Vermögensabschöpfung<br />

Aufgrund der in Artikel 10 Abs. 1 Rb „Sicherstellung“ getroffenen Vorgaben ist der ersuchende Staat<br />

aber verpflichtet, parallel dazu entweder bereits ein weiteres Ersuchen um Herausgabe bzw. Einziehung<br />

beizufügen oder zumindest ein Datum zu nennen, wann ein entsprechendes Ersuchen übersandt<br />

werden wird 572 .<br />

Denkbar sind daher Ersuchen i.S.d. § 94 IRG sowohl in einem ausländischen Ermittlungsverfahren zur<br />

Absicherung des späteren Verfalls etc. als auch zur Vollstreckung einer schon rechtskräftigen Verfallsentscheidung<br />

durch Sicherung einer hiervon erfassten Vermögensposition 573 .<br />

(2) Bewilligungspflicht bei zulässigem Ersuchen<br />

Sofern ein nach Maßgabe der §§ 94, 95 IRG zulässiges Ersuchen gestellt worden ist, besteht nach §<br />

96 IRG die Verpflichtung, die Rechtshilfe zu bewilligen, wobei § 94 Abs. 3 IRG in den beschriebenen<br />

Fällen die Möglichkeit des Aufschubs der Bewilligung einräumt.<br />

(3) Zulässigkeitsvoraussetzungen<br />

Neben der Verpflichtung des ersuchenden Staates, eine justizielle Sicherstellungsentscheidung und<br />

eine vollständig ausgefüllte Bescheinigung entsprechend der Vorgaben der Artikel 4 Abs. 1, 7 Abs. 1<br />

lit. a) und 9 des Rb „Sicherstellung“ vorzulegen, ist die Zulässigkeit weiter daran geknüpft, dass ein<br />

„Listendelikt“ i.S.d. Artikel 3 Abs. 2 des Rb „Sicherstellung“ vorliegt (§ 94 Abs. 1 Nr. 1 IRG); in einem<br />

solchen Fall erfolgt keine Überprüfung der beiderseitigen Strafbarkeit. Eine Gegenausnahme dazu ist<br />

in § 94 Abs. 1 Nr. 2 IRG normiert. Ein Ersuchen in Steuer-, Abgaben-, Zoll- und Währungsangelegenheiten<br />

ist auch dann zulässig, wenn das deutsche Recht keine gleichartigen Steuern vorschreibt oder<br />

keine gleichartigen Steuer-, Abgaben-, Zoll- und Währungsbestimmungen enthält wie im Gegenzug<br />

das Recht des Entscheidungsstaates (= ersuchender Staat).<br />

Die Prüfung, ob ein Listendelikt, das nach dem Recht des ersuchenden Staates mit einer Freiheitstrafe<br />

im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht ist, vorliegt, ist somit im Ergebnis auf den ersuchenden<br />

Staat (= Entscheidungsstaat) übertragen, der dazu in der nach Artikel 9 des Rb „Sicherstellung“<br />

zu übersendenden Bescheinigung unter lit. i) 1. ein Kreuz zu setzen hat 574 .<br />

Weitere Unzulässigkeitsgründe sind § 94 Abs. 2 IRG zu entnehmen. Die Bewilligung eines Ersuchens<br />

ist danach unzulässig, wenn entweder ein Beschlagnahmeverbot nach §§ 77 Abs. 1 IRG i.V.m. 97<br />

StPO (§ 94 Abs. 2 Nr. 1 IRG) oder aber – ausgenommen die Möglichkeit des selbständigen Verfalls-<br />

und Einziehungsverfahrens entsprechend der Bestimmung des § 76a StGB – das endgültige Verfahrenshindernis<br />

„ne bis in idem“ (vgl. Artikel 103 Abs. 3 GG und Artikel 54 SDÜ) besteht (§ 94 Abs. 2 Nr.<br />

2 IRG).<br />

(4) Verfahren<br />

Die weitere Umsetzung eines zulässigen Ersuchens nach Maßgabe des Rb „Sicherstellung“ richtet sich<br />

gem. § 94 Abs. 1 IRG nach §§ 58 Abs. 3 und 67 IRG. Das bedeutet zunächst, dass - anders als bei<br />

Ersuchen im Rahmen der (vertraglosen) Rechtshilfe nach § 67 Abs. 1 IRG - neben der Beschlagnahme<br />

nach §§ 77 Abs. 1 IRG i.V.m. 111b Abs. 1, 111c StPO auch der Vollzug von dinglichen Arresten in das<br />

Legalvermögen des Betroffenen nach §§ 77 Abs. 1 IRG i.V.m. 111b Abs. 2, 111d StPO möglich ist.<br />

Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 94 Abs. 1 IRG „...nach Maßgabe des Rahmenbeschlusses<br />

2003/577/JI des Rates vom 22. Juli 2003...“ i.V.m. Artikel 2 „Begriffsbestimmungen“ lit. c) und lit. d)<br />

des Rb „Sicherstellung“, wonach Sicherstellungsentscheidungen auch in Vermögensgegenstände, die<br />

ganz oder teilweise dem Wert des ursprünglich aus einer Straftat herrührenden Ertrags entsprechen,<br />

vollzogen werden können.<br />

Erfasst sind mithin auch die materiell-rechtlich in §§ 73a, 73d Abs. 2, 74c StGB geregelten Fälle des<br />

(erweiterten) Verfalls von Wertersatz sowie der Einziehung von Wertersatz 575 .<br />

Bezüglich der Rechtsschutzmöglichkeiten und Bewilligungskompetenzen gilt das zu §§ 66, 67 IRG<br />

Gesagte (vgl. § 91 Abs. 1 IRG) 576 .<br />

572 Trautmann, Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 5. Auflage 2011, Vor<br />

§ 94 IRG Rn. 2.<br />

573 Trautmann, Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 5. Auflage 2011, Vor<br />

§ 94 IRG Rn. 2.<br />

574 Trautmann, Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 5. Auflage 2011, §<br />

94 IRG Rn. 3.<br />

575 Vgl. auch BR-Drucks. 553/07, S. 16.<br />

576 Trautmann, Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 5. Auflage 2011, Vor<br />

§ 94 IRG Rn. 8 ff.<br />

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