Arbeitshilfe - Justizakademie Nordrhein-Westfalen
Arbeitshilfe - Justizakademie Nordrhein-Westfalen
Arbeitshilfe - Justizakademie Nordrhein-Westfalen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Teil I Materielles Recht der Vermögensabschöpfung<br />
gelangen, die – im Ansatz – auch bei der Prüfung eines Härtefalls insbesondere nach § 73c Abs. 1<br />
Satz 2 Alt. 1 StGB mit denselben Erwägungen möglich wäre, allerdings unter Maßgabe der revisionsrechtlich<br />
nur eingeschränkten Überprüfungsmöglichkeit derartiger Ermessensentscheidungen der Tatsachengerichte.<br />
Diese Rechtsprechung ist im Schrifttum auf Widerspruch gestoßen 132 . Der Hauptvorwurf<br />
geht dahin, dass unterschiedliche und voneinander abzugrenzende Kriterien, einerseits die Notwendigkeit<br />
nach faktischer (Mit-)Verfügungsgewalt und andererseits andere Tatumstände wie fraglicher<br />
Zeitraum, Abreden der Tatbeteiligten und ihrer jeweiligen Täterschaft, unzulässig eine Vermischung<br />
erfahren haben 133 .<br />
IV Konsequenzen<br />
Sowohl im materiellen als auch im (Verfahrens-)Recht ergeben sich aus der Existenz dieser Rechtsfigur<br />
vielfältige Konsequenzen.<br />
Die gesamtschuldnerische Haftung dient zum einen dem nicht zu vernachlässigenden Schutz der dergestalt<br />
Verfallsbetroffenen, da der Zugriff des Staates auf das im Rahmen einer Tat Erlangte begrenzt<br />
ist. Dies gilt dem Grunde nach gleicherweise für im Ermittlungsverfahren nach §§ 111b ff. StPO veranlasste<br />
vorläufige Sicherungsmaßnahmen unter dem Gesichtspunkt der nicht zulässigen Übersicherung.<br />
Hierauf wird an späterer Stelle noch ausführlich einzugehen sein.<br />
Zum anderen werden die Zugriffsmöglichkeiten rein personell betrachtet erweitert, da der Staat als<br />
(Sicherungs-)Gläubiger die (taktische) Wahl hat, auf wen und welche Vermögenswerte in welcher<br />
Höhe Rückgriff genommen wird. Die hiermit zugewiesenen wirtschaftlichen Verlustrisiken werden dadurch<br />
verringert, dass dem Betroffenen die Durchführung eines Gesamtschuldnerausgleichs nach §<br />
426 BGB mit den weiteren Tätern, Teilnehmern oder Drittempfängern offensteht 134 .<br />
Schließlich ergeben sich beim staatlichen Auffangrechtserwerb spezifische Fragestellungen, etwa in<br />
Bezug auf die Gestaltung des Feststellungstenors nach § 111i Abs. 2 StPO. Dies wird ebenfalls später<br />
erörtert werden.<br />
132 Vgl. Wiedner, Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 1. 2011, § 73 StGB Rn. 31 m.w.N.<br />
133 Wiedner a.a.O. m.w.N.<br />
134 BGH, Urteil vom 28.10.2010, 4 StR 215/10.<br />
48