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Arbeitshilfe - Justizakademie Nordrhein-Westfalen

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Teil I Materielles Recht der Vermögensabschöpfung<br />

§ 73e Abs. 2 StGB ist genauso zu verstehen wie die Regelung des § 74e Abs. 2 Satz 1 StGB; allerdings<br />

ist streitig, ob dem Anwendungsbereich neben beschränkt dinglichen Rechten auch Vorbehalts- und<br />

Sicherungseigentum unterliegen 194 .<br />

Demgegenüber erwirbt der Staat bei der Anordnung des Wertersatzverfalls nach §§ 73a, 73d Abs. 2<br />

StGB einen Zahlungsanspruch, der wie eine Geldstrafe beigetrieben wird 195 .<br />

Zusammenfassung 1<br />

Eine wirksame Strafverfolgung erfordert neben der Bestrafung i.e.S., auch die Abschöpfung<br />

des illegitim Erlangten.<br />

Der materiell-rechtliche Anspruch des Staates bzw. des Tatverletzten bestimmt dabei die<br />

Sicherungsart.<br />

Der Verfall i.w.S. ist eine Maßnahme sui generis, die der Beseitigung einer objektiven Unrechtsfolge<br />

in Gestalt einer deliktischen Vermögenszuordnung dient. Da der Verfall weder<br />

eine Strafe noch eine strafrechtliche Nebenfolge darstellt, wird er bei der Strafzumessung<br />

auch nicht strafmildernd berücksichtigt.<br />

Die Anordnung des Verfalls gem. §§ 73 ff. StGB erfordert eine rechtswidrige Tat i.S.d. §<br />

11 Abs. 1 Nr. 5 StGB. Verschulden ist somit nicht erforderlich. Verjährung oder sonstige<br />

nicht behebbare Verfahrenshindernisse schließen den Verfall hingegen aus. Die Anwendung<br />

der Maßnahme nach § 73d StGB kommt in diesem Zusammenhang erst dann in Betracht,<br />

wenn nach Ausschöpfung aller prozessual zulässigen Mittel ausgeschlossen ist,<br />

dass die Voraussetzungen der §§ 73, 73a StGB erfüllt sind.<br />

Die Bestimmung des Erlangten steht schließlich unter der Maßgabe des Bruttoprinzips<br />

(gültig seit 07.03.1992). Das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der „Unmittelbarkeit“<br />

(§ 73 Abs. 1 Satz 1 StGB) ist insoweit vom Bruttoprinzip streng zu trennen. Die Bestimmung<br />

des „unmittelbar Erlangten“ ist nämlich der Bestimmung seines Umfangs logisch<br />

vorgelagert.<br />

Der Verfall ist im Übrigen in den Fällen des Erlangens aus der Tat ausgeschlossen, wenn<br />

Ansprüche von Verletzten aus der Straftat (abstrakt) vorhanden sind.<br />

Abgesehen von der Regelung des § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB handelt es sich bei den übrigen<br />

Normen der §§ 73, 73a, 73d StGB um ius cogens.<br />

Der so genannte Drittempfängerverfall nach § 73 Abs. 3 StGB erfasst neben „Vertreterfällen“<br />

auch „Verschiebungsfälle“. Nach der Rechtsprechung des BGH liegt ein § 73 Abs. 3<br />

StGB nicht unterliegender Erfüllungsfall vor, wenn der Täter oder Teilnehmer einem gutgläubigen<br />

Dritten Tatvorteile zuwendet, und zwar in Erfüllung einer nicht bemakelten entgeltlichen<br />

Forderung, deren Entstehung und Inhalt in keinem Zusammenhang mit der Tat<br />

stehen.<br />

Der Verfall eines Gegenstandes wird auch dann angeordnet, wenn er einem Dritten gehört<br />

oder zusteht, der ihn für die Tat oder sonst in Kenntnis der Tatumstände gewährt<br />

hat.<br />

Mehrere Täter und/oder Teilnehmer können gesamtschuldnerisch haften, wenn jeder von<br />

ihnen – ggf. auch zeitlich sukzessive – zumindest wirtschaftliche oder faktische (Mit-)<br />

Verfügungsgewalt über den Vermögensgegenstand gehabt haben und sie sich einig waren,<br />

dass jedem die (Mit-)Verfügungsgewalt hierüber zukommen sollte.<br />

In der Praxis sind zumeist die nach § 73 Abs. 1 und 2 StGB erforderlichen Feststellungen<br />

nicht zu treffen, so dass gem. § 73a StGB Zugriff auf das Legalvermögen des Täters oder<br />

Teilnehmers etc. genommen wird.<br />

194<br />

Fischer, StGB, 58. Auflage 2011, § 74e Rn. 4; Schmidt, Leipziger Kommentar (LK), StGB, 12. Auflage 2010,<br />

Bd. 3 § 73e Rn. 8.<br />

195<br />

Vgl. Fischer, StGB, 58. Auflage 2011, § 73a Rn. 8; Schmidt, Leipziger Kommentar (LK), StGB, 12. Auflage<br />

2010, Bd. 3 § 73a Rn. 8.<br />

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