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Arbeitshilfe - Justizakademie Nordrhein-Westfalen

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Teil I Materielles Recht der Vermögensabschöpfung<br />

Einleitung<br />

Die Vermögensabschöpfung ist aktueller denn je. Dies zeigt sich nicht nur an der Vielzahl diesbezüglicher<br />

gerichtlicher Entscheidungen, sondern auch an diversen (anwaltlichen) Publikationen. Nachdem<br />

die Materie nach längerem „Dornröschenschlaf“ zunächst durch polizeiliche Anstrengungen und später<br />

auch durch ein „Aufrüsten“ der Justiz, etwa im Rahmen der Ausbildung von polizeilichen Finanzermittlern<br />

und Staatsanwälten, die teilweise auch als Sonderdezernenten Einsatz gefunden haben, wiederbelebt<br />

wurde, hat zunehmend auch die Anwaltschaft die besondere Bedeutung der Thematik erfasst,<br />

sei es im Rahmen der<br />

Strafverteidigung<br />

anwaltlichen Vertretung von Drittbetroffenen (i.S.d. § 73 Abs. 3 StGB)<br />

allgemeinen strafrechtlichen Präventivberatung als Teil des Risikomanagements zur Vermeidung<br />

entsprechender Sanktionen nach StGB oder aber nach §§ 30, 130 OWiG<br />

und schließlich auch bei der Begleitung von privaten und juristischen Personen als Verletzte aus<br />

Straftaten anlässlich der Rückgewinnungshilfe (§§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB; 111b Abs. 5 StPO).<br />

Anders ausgedrückt:<br />

„Der Verfall hat die Wirklichkeit des Strafverfahrens erreicht“ 2 .<br />

Diese Aussage ist zugleich Hypothese als auch Anspruch, was zudem gesetzgeberisch auf nationaler<br />

und internationaler Ebene Ausdruck gefunden hat.<br />

Zu nennen sind nicht nur das RückgVermabschStG (BGBl. I 2006, 2350), sondern auch eine Vielzahl<br />

von Rahmenbeschlüssen des Rats der Europäischen Kommission und zuletzt der Vorschlag der Europäischen<br />

Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Sicherstellung<br />

und Einziehung von Erträgen aus Straftaten in der Europäischen Union 3 , die dieser Materie<br />

inhaltlich zuzuordnen sind 4 .<br />

Dieser Befund spiegelt sich naturgemäß ebenso in den Ermittlungs- und Strafverfahren wieder. Dies<br />

gilt natürlich besonders für die Abteilungen bzw. Spruchkörper, die sich mit organisierter (Wirtschafts-<br />

)Kriminalität und dementsprechend mit daraus resultierenden inkriminierten Erlösen zu befassen haben.<br />

Aber auch bei allgemeinen Eigentums- oder Vermögensdelikten sieht sich der Bearbeiter mit der<br />

Thematik konfrontiert.<br />

Die sachgerechte Behandlung der insoweit relevanten Fragestellungen erfordert allerdings neben<br />

Grundkenntnissen des einschlägigen materiellen Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts sowie des<br />

Verfahrensrechts auch den Blick in entlegenere Rechtsgebiete.<br />

These:<br />

Eine wirksame Strafverfolgung erfordert nicht nur die Bestrafung i.e.S., sondern auch<br />

die Abschöpfung des illegitim Erlangten,<br />

zur Korrektur der dadurch illegitimen Vermögenssituation<br />

zur Gefahrenabwehr, um „Re-Investitionen“ des Taterlangten in kriminelle Strukturen<br />

zu verhindern 5 .<br />

Daher ist es wünschenswert, dass das gesamte Instrumentarium der Vermögensabschöpfung mit der<br />

gleichen Selbstverständlichkeit, wie es bei sonstigen prozessualen Maßnahmen üblich ist (z.B. bei Untersuchungshaft<br />

oder Telefonüberwachung), beherrscht und betrieben wird 6 .<br />

2<br />

Schilling, Aktuelles zur Vermögensabschöpfung oder: Der Verfall hat die Wirklichkeit des Strafverfahrens erreicht,<br />

StraFo 2011, 128.<br />

3<br />

Vgl. BR-Drucks. 135/12 vom 12. März 2012.<br />

4<br />

Vgl. hierzu Lohse, AnwaltKommentar StPO, 2. Auflage 2010, Vorbemerkung zu §§ 111b – 111p Rn. 12.<br />

5<br />

Vgl. insoweit auch BT-Drucks. 13/9742, S. 16.<br />

6<br />

Vgl. hierzu Lohse, AnwaltKommentar StPO, 2. Auflage 2010, Vorbemerkung zu §§ 111b – 111p Rn. 2, der die<br />

These vertritt, die Vorschriften zur Vermögensabschöpfung würden mittlerweile zum Standardprogramm in<br />

Ermittlungsverfahren zählen, was m.E. in dieser Form (noch) nicht zutrifft.<br />

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