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Arbeitshilfe - Justizakademie Nordrhein-Westfalen

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Teil I Materielles Recht der Vermögensabschöpfung<br />

Betrug<br />

Fall 954<br />

Der Angeklagte F. wurde wegen (versuchten) Betrugs in Tateinheit mit strafbewehrten<br />

Verstößen gegen das AktG zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Hintergrund der<br />

Verurteilung waren zunächst Bilanzmanipulationen namentlich der Umsatz- und Ertragszahlen<br />

der I. AG angesichts des geplanten Verkaufs der Mehrheitsanteile von F.<br />

an dem Aktienpaket. Zu diesem Zweck wurden insgesamt 8 Rechnungen über tatsächlich<br />

von der I. AG nicht erbrachte Leistungen mit einem Gesamtvolumen von<br />

rund 12 Mio. DM aktiviert, um so über die tatsächliche wirtschaftliche Situation der<br />

AG zu täuschen und potentielle Käufer zur Zahlung eines überhöhten Kaufpreises zu<br />

veranlassen.<br />

Der Mehrheitsanteil des F. an der I. AG wurde schließlich über die zwischengeschaltete<br />

D.-H. GmbH an die englische Gesellschaft E. plc. zum Gesamtkaufpreis von 762<br />

Mio. Euro übertragen. Im Gegenzug zahlte die E. plc. 210 Millionen Euro und übertrug<br />

ferner 62 Millionen neu herauszugebende Aktien der Gesellschaft – Bewertung<br />

im Kaufvertrag: 552 Mio. Euro.-<br />

F. war sich darüber bewusst, dass der Kaufpreis um mindestens 30 Millionen Euro<br />

den tatsächlichen Marktwert des Aktienpakets überstieg.<br />

Lösung:<br />

Unter Fortführung der Senats-Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 30.05.2008, 1 StR<br />

166/07) ist vorliegend bei der Berechnung des durch einen Kauf Erlangten vom gesamtem<br />

Verkaufserlös auszugehen. Der Senat verweist dabei zudem auf eine nicht<br />

veröffentlichte Entscheidung des BVerfG 55 , wonach in Abgrenzung zu den vom 5.<br />

Strafsenat entschiedenen Fällen die vom Beschwerdeführer eingesetzten Vermögenswerte<br />

selbst Gegenstand der mutmaßlichen Tathandlung gewesen seien.<br />

(dd) Straftaten nach §§ 92 ff. AuslG (a.F.) und 95 ff. AufenthG<br />

In diesem Bereich können dem Verfall die gezahlten Provisionen für die eigentliche Schleusertätigkeit<br />

unterliegen; nicht mehr unmittelbar erlangt sind hingegen Zuflüsse aus der illegalen Beschäftigung<br />

der eingeschleusten Ausländer 56 .<br />

Gleiches soll im Übrigen auch bei erzielten Erlösen aus erzwungener Prostitution gelten 57 .<br />

(ee) Illegales Glückspiel<br />

Auch beim illegalen Glückspiel dürfte der Gesamterlös dem Grunde nach dem Verfall unterliegen<br />

58 .<br />

(ff) Straftaten gegen die Umwelt (§§ 324 ff. StGB)<br />

Im Bereich der Umweltdelikte sind ober- und höchstrichterliche Verfallsentscheidungen – soweit<br />

ersichtlich – bisher kaum ergangen.<br />

Hier kann an ggf. ersparte Aufwendungen angeknüpft werden, die den Verfallsadressaten rechnerisch<br />

erfassbar besser gestellt haben. Hat z.B. ein Unternehmer, der nach §§ 324, 326 StGB<br />

bestraft wird, giftige Abfallstoffe in ein Gewässer eingeleitet und dadurch die Kosten für die Sondermüllbeseitigung<br />

erspart, kann dieser Vermögensvorteil über die Verfallsbestimmungen abgeschöpft<br />

werden 59 .<br />

54 Angelehnt an den „Falk-Fall“, BGH, Urteil vom 29.06.2010, 1 StR 245/09 (vereinfacht dargestellt); hierzu kri-<br />

tisch Bauer, NStZ 2011, 396 ff.<br />

55 BVerfG, Beschluss vom 11.12.2008, 2 BvR 1871/08; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 07.07.2006, 2 BvR<br />

527/06.<br />

56 Lohse, JR 2009, 189 unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 28.01.2004, 2 BvR 152/04; vgl. auch LG Kleve,<br />

Urteil vom 17.03.2005, 211 Ns 300 Js 262/04 (1/05).<br />

57 Lohse a.a.O.<br />

58 Wiedner, Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011, § 73 StGB Rn. 26; a.A. Fischer, StGB, 58.<br />

Auflage 2011, § 73 Rn 9; Odenthal, NStZ 2006, 14.<br />

59 Schmidt, Gewinnabschöpfung im Straf- und Bußgeldverfahren, 1. Auflage 2006, 3. Teil Rn. 422; Schmidt,<br />

Leipziger Kommentar (LK), StGB, 12. Auflage 2010, Bd. 3 § 73 Rn. 22; Fischer, StGB, 58. Auflage 2011, § 73<br />

Rn. 9.<br />

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