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Arbeitshilfe - Justizakademie Nordrhein-Westfalen

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Teil III Rückgewinnungshilfe zu Gunsten von Verletzten aus Straftaten<br />

Teil III Rückgewinnungshilfe zu Gunsten von Verletzten<br />

aus Straftaten<br />

8. Einleitung<br />

Die Rückgewinnungshilfe ist vom Adhäsionsverfahren (§§ 403 – 406d StPO) zu unterscheiden:<br />

Während das Adhäsionsverfahren dem Verletzten ermöglicht, seine bürgerlich-rechtlichen Ersatzansprüche<br />

gegen den Straftäter bereits im Strafverfahren geltend zu machen 323 , werden mit der Rückgewinnungshilfe,<br />

welche materiell-rechtlich in § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB und verfahrensrechtlich im Kern<br />

jedenfalls in § 111b Abs. 5 StPO vertyptist, andere Zwecke verfolgt.<br />

Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB, der ausweislich § 73d Abs. 1 Satz 3 StGB auch beim erweiterten Verfall<br />

gilt, ist der (erweiterte) Verfall (von Wertersatz) dann ausgeschlossen, wenn dem Verletzten aus der<br />

Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer den Wert des aus der<br />

Tat Erlangten entziehen würde.<br />

Der Gesetzgeber hat mit der Regelung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB zweierlei beabsichtigt.<br />

1. Zum einen werden Ansprüche von Verletzten gegenüber staatlichen Ansprüchen gem. §§<br />

73 ff. StGB privilegiert, um einen „Gläubigerwettlauf“, den zumeist der Staat gewinnen<br />

dürfte, zu vermeiden.<br />

2. Zum anderen wird der Verfallsbetroffene vor einer zweifachen Inanspruchnahme sowohl<br />

durch den Staat als auch durch den Verletzten geschützt 324 .<br />

Nach dieser Bestimmung scheidet demnach eine Verfallsanordnung bereits dann aus, wenn ein derartiger<br />

Anspruch rein abstrakt besteht. Auf die tatsächliche Geltendmachung kommt es dagegen nicht<br />

an 325 .<br />

Der hierüber gewährleistete Opferschutz erfährt verfahrensrechtlich durch die speziellen Bestimmungen<br />

der §§ 111b Abs. 5, 111e Abs. 3 und 4, 111g, 111h, 111i und 111k StPO eine Vertiefung. Danach<br />

können nicht nur vorläufige Sicherungsmaßnahmen nach §§ 111b ff. StPO zur Absicherung von Ansprüchen<br />

von Verletzten aus Straftaten ausgebracht werden (§ 111b Abs. 5 StPO). Vielmehr erfahren<br />

die Tatgeschädigten über die Regelungen der §§ 111g, 111h StPO auch eine Besserstellung gegenüber<br />

(Allgemein-)Gläubigern. Ihre eigenen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen werden nämlich nach<br />

erfolgreicher Zulassung zur Zwangsvollstreckung vom Rang her so behandelt, als ob diese zum Zeitpunkt<br />

der staatlichen Sicherungsmaßnahmen bereits ausgebracht gewesen wären.<br />

Hieraus wird deutlich, dass Verletzte nicht davon freigestellt sind, in eigener Sache zivilrechtlich<br />

vorzugehen, also über eigene (Zivil-)Titel die Zwangsvollstreckung zu betreiben.<br />

Die insbesondere nach altem Recht entsprechend bis zum 31.12.2006 bestehende Problematik, dass<br />

zwar im Wege der Rückgewinnungshilfe Sicherungsmaßnahmen vollzogen wurden, die Verletzten<br />

jedoch bis zum Urteil bzw. bis zu dessen Rechtskraft gleich aus welchen Gründen zivilrechtlich untätig<br />

geblieben sind und deswegen sichergestellte Vermögenswerte infolge der rechtlichen Unmöglichkeit<br />

der Verfallsanordnung wieder an den Täter oder Teilnehmer herausgegeben werden mussten 326 , ist<br />

zwischenzeitlich über die Einfügung des § 111i Abs. 2 – 8 StPO entschärft worden. Mit dieser Norm<br />

wurde im Rahmen einer prozessualen Lösung eine materiell-rechtliche Bestimmung (auch im Sinne<br />

des § 2 Abs. 3 und Abs. 5 StGB) getroffen 327 , die mittels einer Fristenregelung den staatlichen Auffangrechtserwerb<br />

im Hinblick auf bereits sichergestellte Vermögenswerte des Verfallsbetroffenen erlaubt.<br />

Die Stimmen im Gesetzgebungsverfahren, welche sich für eine Streichung des § 73 Abs. 1 Satz<br />

2 StGB eingesetzt haben, konnten sich demgegenüber nicht durchsetzen 328 . Auf die Unterschiede zwischen<br />

beiden Modellen wird an anderer Stelle noch ausführlicher einzugehen sein 329 .<br />

323 Meyer-Goßner, StPO, 54. Auflage 2011, Vor § 403 Rn. 1.<br />

324 Fischer, StGB, 59. Auflage 2012 § 73 Rn. 17.<br />

325 Fischer, StGB, 59. Auflage 2012 § 73 Rn. 18.<br />

326 Vgl. hierzu Wiedner, Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2010, § 73 StGB Rn. 61.<br />

327 Vgl. hierzu BR-Drucks. 940/05, S. 2; BGH, Urteil vom 07.02.2008, 4 StR 502/07.<br />

328 Vgl. hierzu auch BT-Drucks. 13/9742 vom 03. Februar 1998 als diesbezüglicher Gesetzentwurf der Fraktionen<br />

der CDU/CSU, SPD und F.D.P.<br />

329 Teil III, 3. 3.3.<br />

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