Arbeitshilfe - Justizakademie Nordrhein-Westfalen
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Teil III Rückgewinnungshilfe zu Gunsten von Verletzten aus Straftaten<br />
restbetroffenen vorgenommene Verfügungen, sondern auch Pfändungen von Allgemeingläubigern<br />
keine zum Nachteil des geschützten Personenkreises betreffende Wirkung entfalten.<br />
Die gesetzliche Formulierung „Zulassung zur Zwangsvollstreckung“ bzw. „Rangänderung“ in §§ 111g<br />
Abs. 2 Satz 1 und 111h Abs. 2 Satz 1 StPO ist dabei nicht in der Weise auszulegen, dass die Zwangsvollstreckung<br />
des Tatverletzten vom Zulassungsbeschluss abhängig wäre.<br />
Ganz im Gegenteil: Da im Verhältnis der Tatgeschädigten untereinander das Prioritätsprinzip gilt (vgl.<br />
oben), kann jedem Verletzten nur angeraten sein, schnellstmöglich entsprechende Schritte einzuleiten,<br />
da die Sicherungsmasse in der Regel nicht ausreicht, um alle Ansprüche zu befriedigen 391 .<br />
Maßgeblich für das interne Rangverhältnis mehrerer Tatgeschädigter ist nach der wohl<br />
überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur der Zeitpunkt des jeweils begründeten<br />
Pfändungspfandrechts 392 .<br />
Aus insolvenzrechtlicher Sicht kann jedoch ein zu spät gestellter Zulassungsantrag Probleme aufwerfen,<br />
wenn vor Antragstellung das Insolvenzverfahren bereits eröffnet ist, denn nach einer in der Literatur<br />
vertretenen Auffassung unterfiele die Zulassung dem Anwendungsbereich des § 91 Abs. 1 InsO<br />
und wäre deswegen unwirksam. Einzelheiten dazu folgen an anderer Stelle 393 .<br />
Frage:<br />
Welches Reformvorhaben hatte der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang?<br />
Systematisch betrachtet behandelt § 111g StPO den Vollzug einer Beschlagnahmeanordnung nach §<br />
111c StPO sowie den Vollzug eines dinglichen Arrestes in das Mobiliarvermögen, während § 111h<br />
StPO die Zulassung nach vollzogenem dinglichen Arrest in das Immobiliarvermögen erfasst.<br />
Es war ein wesentliches Reformvorhaben des Gesetzgebers, den nach alter Rechtslage in Rechtsprechung<br />
und Literatur bestehenden Streit die analoge Anwendung des § 111g StPO beim Vollzug eines<br />
dinglichen Arrestes betreffend zu beseitigen 394 . Deshalb bestimmt § 111g Abs. 1 und 3 Satz 6 StPO<br />
(n.F.), dass auch der Arrest § 111g StPO unterfällt.<br />
Die Bestimmungen der §§ 111g, 111h StPO stoßen im Übrigen in der Praxis auf diverse Schwierigkeiten,<br />
insbesondere bei einer Vielzahl von Geschädigten, die in unterschiedlicher Reihenfolge entweder<br />
zuerst die Zwangsvollstreckung betreiben oder aber zuerst zur Zwangsvollstreckung nach den vorgenannten<br />
Bestimmungen zugelassen werden, in Kombination mit dem in der Praxis in der Regel anzutreffenden<br />
Fall, dass die Sicherungsquote Unterdeckung aufweist.<br />
Mögliche Friktionen können sich insoweit aus dem Prioritätsprinzip, das innerhalb der Gemeinschaft<br />
der Verletzten gilt, und der Reihenfolge der erfolgten Zulassungen nach §§ 111g, 111h StPO dergestalt<br />
ergeben, dass ein dem Grunde nach im Sinne des Prioritätsprinzips nachrangiger Verletzter unter<br />
Vorlage des zeitlich frühesten Zulassungsbeschlusses die (anteilige) Auskehr der gesicherten Vermögenswerte<br />
resp. Rangtausch begehrt. Diese Problematik, die an dieser Stelle indes nicht vertieft werden<br />
soll, kommt besonders im Bereich der Immobiliarvollstreckung im Rahmen des Zulassungsverfahrens<br />
nach § 111h StPO zum Tragen.<br />
b. Die Zulassung nach § 111g StPO<br />
(1) Zulassungsvoraussetzungen<br />
391<br />
Lohse, AnwaltKommentar StPO, 2. Auflage 2010, § 111g Rn. 12.<br />
392<br />
Schmidt, Gewinnabschöpfung im Straf- und Bußgeldverfahren, 2006, Rn. 1185 ff. m.w.N.; OLG Stuttgart,<br />
Beschluss vom 06.11.2000, 1 Ws 210/00.<br />
393<br />
Vgl. Teil IV, 2., 2.2<br />
394<br />
Vgl. BR-Drucks. 940/05, S. 10 und 23 ff. m.w.N. zur damaligen Rechtsprechung.<br />
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