Arbeitshilfe - Justizakademie Nordrhein-Westfalen
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Teil I Materielles Recht der Vermögensabschöpfung<br />
hinzutreten, denn beide Vorschriften (vgl. den Wortlaut „soweit“) erlauben auch das anteilige Absehen<br />
des Verfalls 175 .<br />
§ 73c StGB gilt nicht nur beim Verfall (von Wertersatz) nach §§ 73, 73a StGB, sondern sinngemäß<br />
auch bei § 73d StGB (§ 73d Abs. 4 StGB).<br />
Überdies können sich nicht nur die originär Tatbeteiligten, sondern ebenfalls(Dritt-)Empfänger oder<br />
Eigentümer, was bei letzteren auch im Zusammenhang mit § 73d StGB zu beachten ist (zu vgl. § 73d<br />
Abs. 1 Satz 2 StGB), auf einen Härtefall berufen 176 .<br />
1.6.2 Voraussetzungen<br />
Fall 25:<br />
A. und B. haben gemeinsam den Verkauf von 1 kg Heroin geplant, das für 50.000,-<br />
Euro in den Niederlanden eingekauft wurde. A. übergab das Heroin an den Käufer C.<br />
und erhielt im Gegenzug den vereinbarten Kaufpreis in Höhe von 100.000,- Euro.<br />
Den Erlös händigte er anschließend B. aus, der sich damit absetzte. Nach längeren<br />
Ermittlungen konnten A. und B. schließlich festgenommen werden. Die Finanzermittlungen<br />
haben ergeben, dass A. noch über Legalvermögen aus einer Jahre vorher angetretenen<br />
Erbschaft im Gesamtumfang von 1 Mio. Euro verfügt. Bezüglich des B.<br />
konnten hingegen inländische Vermögenswerte – gleich welcher Herkunft – nicht<br />
aufgespürt werden; der Verbleib der 100.000,- Euro bleibt ungeklärt, zumal B. zu den<br />
Tatvorwürfen und zum Schicksal des Geldes schweigt.<br />
I § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 StGB<br />
§ 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 StGB, der in der Praxis kaum Bedeutung hat, betrifft Bagatellfälle; die Wertgrenze<br />
ist in Anlehnung an §§ 243 Abs. 2, 248a StGB zurzeit bei etwa 50,- Euro zu ziehen 177 . Nach<br />
dem Wortlaut ist bei der Bestimmung des Werts des Erlangten auf den Zeitpunkt des Zuflusses in das<br />
Vermögen des (Verfalls-)Betroffenen abzustellen.<br />
II § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB<br />
a. Grundsätze<br />
Der (anteilige) Ausschluss des Verfalls erfordert zunächst die gesicherte Feststellung, dass der Wert<br />
des Erlangten zur Zeit der Anordnung in dem (Netto-)Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden<br />
ist. Die Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB hat<br />
demnach in zwei Schritten zu erfolgen. Zunächst ist der Wert des ursprünglich Erlangten zu ermitteln<br />
und im Anschluss daran das (Netto-)Vermögen. Sodann sind beide Positionen gegenüberzustellen.<br />
Grundsätzlich ist daher die Ermessensentscheidung nicht eröffnet, wenn der Betroffene noch über<br />
Vermögen verfügt, das wertmäßig nicht hinter dem Wert des Erlangten zurückbleibt, wobei es regelmäßig<br />
unbeachtlich ist, ob das noch vorhandene Vermögen einen konkreten oder unmittelbaren Bezug<br />
zu den Straftaten hat 178 . Allerdings soll Letzteres nach der Auffassung des 3., des 4. und nunmehr<br />
auch des 5. Strafsenats nur eine widerlegbare Vermutung sein 179 . Steht demnach unzweifelhaft fest,<br />
dass die verbliebenen Vermögenspositionen nicht strafbewehrt erworben wurden und demnach auch<br />
keinen Zusammenhang mit den gegenständlichen Straftaten aufweisen, soll die Anwendung von § 73c<br />
Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 StGB noch möglich sein.<br />
Demgegenüber geht der 1. Strafsenat von einer nicht widerlegbaren Vermutung aus, so dass in derartigen<br />
Fällen die Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 StGB nicht eröffnet wäre 180 .<br />
Der Senat begründet dies neben einem Wortlautargument mit verfahrensökonomischen Erwägungen,<br />
da anderenfalls u.U. aufwendige Finanzermittlungen durchzuführen wären, und mit der Zielsetzung<br />
der präventiv ausgerichteten Verfallsvorschriften, die bei einer anderen Betrachtung gefährdet wäre<br />
181 .<br />
175<br />
Vgl. Wiedner, Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011, § 73c StGB Rn. 2 ff.<br />
176<br />
Vgl. Fischer, StGB, 58. Auflage 2011, § 73c Rn. 3.<br />
177<br />
Wiedner, Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011, § 73c StGB Rn. 20.<br />
178<br />
Fischer, StGB, 58. Auflage 2011, § 73c Rn. 4; Wiedner, Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 1.<br />
Auflage 2011, § 73c StGB Rn. 10 ff.<br />
179<br />
Fischer a.a.O.; Wiedner a.a.O.; BGH, Urteil vom 27.10.2011, 5 StR 14/11.<br />
180<br />
BGH, Urteil vom 16.05.2006, 1 StR 46/06 (vgl. oben Fall 2).<br />
181<br />
BGH a.a.O; Wiedner, Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011, § 73c StGB Rn. 11 ff.<br />
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