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Arbeitshilfe - Justizakademie Nordrhein-Westfalen

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Teil IV Spannungsverhältnis zwischen Sicherungsmaßnahmen und eröffnetem Insolvenzverfahren<br />

Fällt allerdings die Entscheidung über die Zulassung zur Zwangsvollstreckung nach §§ 111g, 111h<br />

StPO in die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, während sich die Vollstreckungsmaßnahmen<br />

durch Staatsanwaltschaft und Verletzte noch außerhalb des Anwendungsbereichs der §§ 88, 89, 129<br />

ff. InsO bewegt haben, stellt sich die umstrittene Frage nach den (insolvenz-)rechtlichen Wirkungen<br />

der Zulassung.<br />

Die wohl überwiegende Auffassung in der Literatur misst der Zulassung zur Zwangsvollstreckung keine<br />

zwangsvollstreckungsrechtlich relevante Wirkung im Sinne der §§ 88, 89, 129 ff. InsO bei, weshalb es<br />

nicht darauf ankommen soll, ob diese noch vor oder erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens<br />

beschlossen wird 502 .<br />

Demgegenüber meint Rönnau, dass die Zulassung nach §§ 111g, 111h StPO die bis dato noch nicht<br />

vollwertige Sicherung der Tatverletzten erweitere, weshalb der Bescheid als Rechtserweiterung zum<br />

Nachteil der Masse gegen § 91 Abs. 1 InsO verstoße 503 .<br />

Weitaus problematischer hingegen ist die in der Praxis zumeist anzutreffende Konstellation,<br />

dass Verletzte entweder zunächst gänzlich untätig bleiben und nach der<br />

Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus Rechtsgründen gehindert sind, im Wege der<br />

Einzelzwangsvollstreckung gegen den Arrestbetroffenen vorzugehen, oder aber ihre<br />

vorherigen Maßnahmen sich als nicht insolvenzfest erweisen 504 .<br />

Insolvenzfest wäre dann hier allenfalls die staatsanwaltschaftlich veranlasste Beschlagnahme oder<br />

Pfändung.<br />

Unabhängig vom Vorliegen eines Alt- oder neuen, dem Anwendungsbereich des § 111i Abs. 2 – 8<br />

StPO (n.F.) zuzuordnenden Falls ist bei einer insolvenzfest erfolgten Beschlagnahme nach §§ 111b,<br />

111c StPO die weitere Aufrechterhaltung der Maßnahme nach h.M. nicht möglich 505 .<br />

Das Ergebnis ist von zweierlei Erwägungen getragen.<br />

Zum einen entfaltet ein Veräußerungsverbot nach § 136 BGB als Folge einer wirksamen Beschlagnahme<br />

nur eine relative Wirkung und damit im Insolvenzverfahren nach § 80 Abs. 2 Satz 1<br />

InsO keine Wirkung (vgl. oben).<br />

Zum anderen gilt die in § 111g Abs. 3 Satz 1 StPO angeordnete Rückwirkung nur für das (im Insolvenzverfahren<br />

unwirksame) Veräußerungsverbot gemäß § 111c Abs. 5 StPO und nicht auch<br />

für das im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte Pfändungspfandrecht 506 .<br />

Bei der Arrestvollziehung ist demgegenüber zwischen Alt- und Neufällen zu differenzieren.<br />

Ein „Alt-Fall“, dem beispielsweise eine im Jahre 2006 beendete Straftat zugrunde liegt und der<br />

zwar Anlass zur insolvenzfesten Arrestvollziehung gegeben hat, ohne dass allerdings auch Verletzte<br />

im Insolvenzverfahren bestandskräftige Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durchgeführt<br />

haben, zwingt ebenso wie bei einer vollzogenen Beschlagnahmeanordnung zur Aufhebung der<br />

Sicherungen 507 .<br />

Neben Erwägungen zu §§ 111c Abs. 5, 111g Abs. 3 Satz 1 StPO (a.F.) wird mit dem kompensationslosen<br />

Wegfall des eigentlichen Sicherungsziels argumentiert, da Zwangsvollstreckungsmaßnahmen<br />

durch Verletzte rechtlich unmöglich geworden sind und zudem originär staatliche Ansprüche aufgrund<br />

der Regelung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nicht verfolgt werden können 508 .<br />

502 Greier, ZInsO 2007, 953 ff.; von Gleichenstein, ZIP 2008, 1151 (1154 Fn. 26); Schäfer, Löwe/Rosenberg,<br />

StPO, Bd. 2, 25. Auflage 2004, § 111b Rn. 50g; a.A. Hees, ZIP 2004, 298 (300); Rönnau, FS für Achenbach,<br />

2011, 385 (395 ff.).<br />

503 Rönnau, FS für Achenbach, 2011, 385 (395 ff.).<br />

504 Vgl. hierzu auch Rönnau, FS für Achenbach, 385 (395 ff.) m.w.N.<br />

505 BGH, Urteil vom 24.05.2007, IX ZR 41/05, mit Anm. Cranshaw in jurisPraxisReport-InsR 19/2007 Anm. 1;<br />

Malitz, NStZ 2002, 337 (341); Greier, ZInsO 2007, 953 ff.; von Gleichenstein, ZIP 2008, 1151 (1155); Markgraf,<br />

Der Grundsatz der par conditio creditorum im Spannungsverhältnis zu der strafprozessualen Vermögensabschöpfung<br />

(Diss.), 2008, S. 154 ff. m.w.N. auch zur a.A.<br />

506 BGH, Urteil vom 24.05.2007, IX ZR 41/05.<br />

507 OLG Frankfurt, Beschluss vom 03.06.2009, 3 Ws 214/09; Greier, ZInsO 2007, 953 ff.; von Gleichenstein, ZIP<br />

2008, 1151 (1155 ff.); Lohse, AnwaltKommentar StPO, 2. Auflage 2010, Vor §§ 111b – 111p Rn. 19.<br />

508 Vgl. hierzu OLG Frankfurt, Beschluss vom 03.06.2009, 3 Ws 214/09 Rn. 9 ff. und Rn. 14 zitiert nach juris -.<br />

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