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Arbeitshilfe - Justizakademie Nordrhein-Westfalen

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Teil I Materielles Recht der Vermögensabschöpfung<br />

Lösung Fall 2<br />

Die Anordnung des LG war an diesen Maßstäben gemessen rechtsfehlerhaft. Der Angeklagte<br />

hat vielmehr den Gesamterlös von 161.000,- EUR erlangt. Dieser Betrag befand<br />

sich zumindest kurzfristig in der Verfügungsgewalt des Angeklagten. Auf die zivilrechtlichen<br />

Eigentums- und Besitzverhältnisse zwischen den Beteiligten kommt es<br />

dabei nicht an. Aufwendungen sind wegen des Bruttoprinzips nicht abzugsfähig. Damit<br />

könnte lediglich über § 73c StGB eine Korrektur dieser Lösung erfolgen.<br />

Frage:<br />

Erläutern Sie die Unterschiede zwischen Unmittelbarkeit und Bruttoprinzip.<br />

Unmittelbarkeit und Bruttoprinzip sind streng voneinander zu trennen. In einem ersten Prüfungsschritt<br />

ist festzustellen, worin genau der Vorteil besteht, wofür das Bruttoprinzip nicht herangezogen<br />

werden kann. Die Bestimmung des Vorteils ist nämlich der Bestimmung seines Umfangs als zweiter<br />

Prüfungsschritt (und hier gilt das Bruttoprinzip) logisch vorgelagert 40 .<br />

Anders ausgedrückt: Das Bruttoprinzip bezieht sich nur auf Kosten, die in Zusammenhang der rechtswidrigen<br />

Vorteilserlangung stehen, und nicht auf Abzugsposten, die dem Erlangten selbst immanent<br />

sind und seinen Wert bestimmen, oder auf Vorteile, die in rechtlich nicht zu beanstandender Weise<br />

erzielt wurden 41 . Dieses Abgrenzungsproblem ist ein „Dauerbrenner“ und hat in den letzten Jahren zu<br />

ungewöhnlich heftigen Kontroversen geführt, denen letztlich zugrunde liegt, ob normativ gebotene<br />

Beschränkungen des Erlangten schon auf tatbestandlicher Ebene oder erst im Rahmen der Härtefallprüfung<br />

vorzunehmen sind 42 . Dies zeigt sich insbesondere im Wirtschaftsstrafrecht bei die Bestimmung<br />

des (unmittelbar) Erlangten erschwerenden mehraktigen Geschehensabläufen.<br />

(aa) BtM-Fälle<br />

Der Anwendungsbereich des Verfalls erfährt durch das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal<br />

der Unmittelbarkeit eine weitere Einschränkung.<br />

Der BGH hat dieses Merkmal über einen Vergleich der Absätze 1 und 2 des § 73 StGB<br />

hergeleitet.<br />

Während sich § 73 Abs. 1 StGB auf das eigentliche „Etwas“, das der Täter aus der Tat<br />

erlangt hat, bezieht, erweitert § 73 Abs. 2 StGB den Anwendungsbereich des Verfalls<br />

auf mittelbare Tatvorteile, namentlich auf Nutzungen und Surrogate, weshalb im Umkehrschluss<br />

die unmittelbaren Vermögenszuwächse nur von § 73 Abs. 1 StGB erfasst<br />

werden 39 .<br />

Von daher dürfte eine in Anlehnung an die ober- und höchstrichterliche Rechtsprechung<br />

mehr kasuistische Betrachtungsweise angezeigt sein, sich der Gesamtproblematik<br />

zu nähern.<br />

Beim Verkauf von Drogen ist der gesamte Erlös ohne Abzug von Einkaufspreis, Transportkosten,<br />

Kurierlohn usw. für verfallen zu erklären 43 .<br />

39<br />

BGH, Urteil vom 21.03.2002, 5 StR 138/01; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 07.07.2006, 2 BvR 527/06.<br />

40<br />

BGH, a.a.O.<br />

41<br />

Wiedner, Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011, § 73 StGB Rn. 25.<br />

42<br />

Vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 19.01.2012, 3 StR 343/11 Rn. 20.<br />

43<br />

BGH, Urteil vom 05.04.2000, 2 StR 500/99 (Ständige Rspr.).<br />

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