Texte - Sauerlandmundart
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Dorfleben ► Religion und Brauchtum<br />
In großen Familien ging es morgens<br />
recht turbulent zu, bis die Schulkinder<br />
aus dem Hause waren. Für ein längeres<br />
Morgengebet fehlte da meist die besinnliche<br />
Stille. In einigen Häusern<br />
wurde bei allem Hantieren auf dem<br />
Herd, an der Waschschüssel, auf dem<br />
Küchentisch, gemeinsam ein bekanntes<br />
Gebet gesprochen. Oft aber beschränkte<br />
sich die Andacht auf ein Kreuzzeichen<br />
mit Weihwasser aus einem kleinen<br />
Becken neben der Tür zum Flur.<br />
Die Mutter segnete das kleine Kind,<br />
das noch nicht die Schale erreichen<br />
konnte. Häufig besuchten die Kinder<br />
vor dem Schulunterricht den Gottesdienst<br />
in der Kirche. Die Erwachsenen<br />
sprachen ein kurzes Morgengebet,<br />
wenn sie sich um die Pfanne mit den<br />
heißen Bratkartoffeln herumsetzten.<br />
War die Familie zum Mittagessen<br />
versammelt, sprach man vorher ein Segensgebet<br />
und nachher ein Dankgebet.<br />
Es begann mit dem Vorspruch aus dem<br />
Psalm: „Aller Augen warten auf dich, o<br />
Herr...“ Weiter hieß es: „Herr, segne<br />
uns und diese Gaben, die wir durch<br />
deine Güte zu uns nehmen, durch<br />
Christus, unsern Herrn!“ Nachher<br />
dankte man Gott, betete für „alle, die<br />
uns Gutes tun“ und sodann ein „Vater<br />
unser“ für die Verstorbenen.<br />
Kamen die Kinder zu den Mahlzeiten<br />
zu spät vom Spielen herbei, dann mussten<br />
sie an der „Topfbank“ zunächst das<br />
Tischgebet laut sprechen und auch an<br />
diesem Katzentisch essen. Ob sich<br />
nicht diese Prozedur negativ auf die<br />
Liebe zum Gebet auswirkte?<br />
Das Das tägliche tägliche Gebet<br />
Gebet<br />
104<br />
In grouten Familien ging et muarrens<br />
areg turbulent tau, bit de Schauleblahn<br />
schließlich ut dem Huuse worent. Do<br />
fehlte meïstens de Rugge fiür en lang<br />
Gebiatt. In eïnigen Hüüsern woorte bie<br />
allem Hanteïeren op me Herde, an der<br />
Waschschöttel, op me Küekendisse, en<br />
bekannt Gebiatt opgesacht. Meïstens<br />
abber bleïv et bie nem Krüze met Gesiant-Water<br />
ut diam kleinen Pöttiën niaben<br />
der Küekendüarre op den Flur los.<br />
Dei Mutter siante dat Kleine, dat<br />
noch nit an dei Schale reïken kunn.<br />
Mannegmol gingent dei Blahn viür der<br />
Schaule eïst in de Misse. Dei grouten<br />
Lüh te Heïme sachtent abber en Muarrengebiatt,<br />
wann sei siëck ümme de<br />
Panne met den heïten gebrohnen Tufelen<br />
sattent.<br />
Koom de Famile mittags taum Iaten<br />
tehoupe, dann biatte me viürhiar en Siagen<br />
un hingerhiar nen Dankspruch. Et<br />
fing aan met dem Vers ut dem Psalm:<br />
„Aller Ougen warent op diëck, o Heere...“<br />
Dann hette et: „Heere, siane uns<br />
un diëse Goben, dei vie van diener Giuddheit<br />
utgedeïlt krient, diurrech Christus,<br />
unsen Heeren!“ Nohiar danket me<br />
Gott, biatte fiür „alle, dei uns Giuddes<br />
dauhnt“ un soudann en „Vater unser“<br />
fiür de Verstuarrebenen.<br />
Wann dei Blahn es tau dian Mohltieden<br />
te späh vam Spiëllen herbiekoment,<br />
dann muchtent se an der Pottbank<br />
eïst hart an den Diss bian un ouk<br />
do an diam Kattendisse iaten. Of sou en<br />
Ümmestand wall dem Spaß am Bian<br />
giudd gedohn het?