Texte - Sauerlandmundart
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Dorfleben ► Religion und Brauchtum<br />
Beließ man den Toten in der Wohnung,<br />
konnte das vor allem an warmen<br />
Sommertagen mit unangenehmen Gerüchen<br />
verbunden sein, die man dann<br />
mit bereits aufgestellten Wacholderzweigen<br />
abmilderte.<br />
Andererseits hatte man Gelegenheit,<br />
sich öfter und länger an der Bahre des<br />
geliebten Menschen aufzuhalten. Auch<br />
wenn jeweils der Schmerz zu Tränen<br />
rührte, ging von diesem allmählichen<br />
Abschied eine Tröstung aus.<br />
An den Abenden zwischen Tod und<br />
Begräbnis kamen Nachbarn, ja alle<br />
Dorfbewohner. Sie knieten nieder,<br />
wenn eine Frau mit einer kräftigen,<br />
deutlichen Stimme die Gebete vorsprach.<br />
Regelmäßig betete man den<br />
Schmerzhaften Rosenkranz, darauf<br />
folgte das „Fünf-Wunden-Gebet“. Dabei<br />
erhoben alle ihre Unterarme und<br />
öffneten die Hände als Zeichen der<br />
Hingabe und der Öffnung für die Gnade<br />
Gottes. So betete man: „Christe Jesu,<br />
... wir verehren dich durch die Wunde<br />
deiner rechten Hand“.<br />
Sodann wurden die anderen Wundmale<br />
genannt, jeweils ein Text gesprochen<br />
und ein Vater unser gebetet.<br />
Daran schloss sich an eine Litanei für<br />
die Verstorbenen mit den Bitten: „Erlöse<br />
sie, o Herr!“<br />
Mancher der Verwandten blieb noch<br />
eine kurze Weile bei den Trauernden,<br />
die meisten besuchten den Verstorbenen<br />
und segneten den toten Leib. Dazu<br />
lag ein kleines Büschel mit Roggen-<br />
oder Gerstenähren bereit neben einem<br />
Schälchen mit Weihwasser.<br />
108<br />
Leit me dian Douen in der Wannunge,<br />
dann kunn dat, fiür viull an waremen<br />
Sommerdahn, es nit giudd ruken.<br />
Dogiëgen versochte me aber fortens<br />
met opgestallten Wachelleren-Büschen<br />
aantegohn.<br />
Op der anderen Siete kunn me sou<br />
immer wiër un ouk länger an der Bahre<br />
van Aangehörigen verwielen. Wall<br />
muchte me jeïdesmol op et nigge hüülen,<br />
abber me schickete siëck ouk eïger<br />
in dian Wechgang.<br />
An den Öbenden tüsser Doud un<br />
Beerdigunge koment de Lüh ut dem<br />
ganzen Duarrepe herbie un gingent op<br />
de Knei, wann eïne Fraue met ner kräftigen,<br />
kloren Stimme den schmerzhaften<br />
Rousenkranz vüarbiatte. Nohiar<br />
sachte me dei Fiev-Wunden-Aandacht.<br />
Dobie houbent dei Lüh beie Ungeraremen<br />
un heilent de Hänge op ase Teïchen<br />
van Vertruggen in Guadds Hüllepe.<br />
Sou biattent se: „Christe Jesus, ...<br />
ich verehre die Wunde deiner rechten<br />
Hand“.<br />
Dodropp neumetent se ouk dei anderen<br />
Wunden, sachtent jeïdesmol en Gebiatt<br />
un ouk dat Vater unser.<br />
Et schlout siëck dann de Litenigge<br />
fiür de Verstuarrebenen aan met dian<br />
Sätzen: „Erlöse sie, o Herr!“<br />
Mannigeïner van den Verwandten<br />
bleïv noch en Moment bie dian Aangehörigen,<br />
de meïsten gingent an den Sarreg<br />
un siantent den Douen. Dofiür lachtent<br />
do en paar tehoupegebungene Ohren<br />
van Koren odder van Gerste niaber<br />
ner Schale met Gesiant-Water.