Texte - Sauerlandmundart
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Dorfleben ► Religion und Brauchtum<br />
Abends vor dem Einschlafen schilderte<br />
man dem Bettgenossen oder den<br />
Geschwistern im Bett nebenan, wie das<br />
Pferdchen oder die Puppenstube wohl<br />
aussehen könnten.<br />
So drehte sich das Gespräch in der<br />
Vorweihnachtszeit sehr oft und anhaltend<br />
um die Wünsche. Das Christfest<br />
lebte, so hat es den Anschein, von der<br />
Vorfreude auf die Bescherung. Es war<br />
ja auch die einzige Zeit des Jahres, die<br />
so stark auf die Kinder und deren Bedürfnisse<br />
ausgerichtet war.<br />
Diese abendlichen „Bettkonferenzen“<br />
fanden ihren Höhepunkt an Heiligabend.<br />
Dann konnte es geschehen, dass<br />
vier Geschwister in ein Bett krochen:<br />
zwei oben und zwei zu deren Füßen.<br />
Dann wurde erzählt, wie es im Vorjahr<br />
gewesen war, was die Freundin zu den<br />
Geschenken gesagt hatte, wie sie wieder<br />
versucht hatte, ein Kleidungsstück<br />
schlecht zu reden, aus Neid natürlich.<br />
Auch wurde vom Christkind erzählt,<br />
wie es wohl aussah, ob wohl Engel mit<br />
ihm kämen – gut, dass man sich dann<br />
enger an die Geschwister kuscheln und<br />
beruhigt sein konnte, weil man nicht allein<br />
schlafen musste in dieser heiligen,<br />
aber dennoch unheimlichen Nacht! Es<br />
wurde auch erzählt, dass jemand ernsthaft<br />
erklärt habe, es sei nicht das<br />
Christkind, das die Geschenke bringe.<br />
Uns erschien es eine lästerliche Behauptung,<br />
wir bestärkten uns gegenseitig<br />
im „wahren“ Glauben. So verging<br />
die Zeit, und irgendwann wurde es ruhig<br />
im Zimmer, nur einer bat noch seine<br />
ältere Schwester, ihn ja zu wecken<br />
in der Frühe und nicht ohne ihn zum<br />
Gabentisch zu laufen.<br />
121<br />
Dei Liste ging den Blahn nit ut dem<br />
Koppe, un obends viür me Inschloopen<br />
beschreïv me dem Bieschlöper un den<br />
Bräuers odder Süstern in me anderen<br />
Bedde, wou dat Pereken odder dei Puppenstuabe<br />
wall utseihn künn.<br />
Sou ging dat dagelang im Advent.<br />
Christdag liabete, as et schient, van den<br />
frouhen Gedanken an de Bescherunge.<br />
Et wor jou ouk de eïnzige Tied im Johre,<br />
dei sou starrek op de Blahn un iarre<br />
Wünsche utgerichtet wor.<br />
Ganz schlimm woorte dei Prohlerigge<br />
am Heiligen Obend. Dann goov et<br />
ne Art Generalversammlunge. Dat makete<br />
siëck besonders giudd, wann me<br />
tau veïert in eïnem Bedde lachte, tweï<br />
uaben, tweï bie den Fäuten van den anderen.<br />
Dann vertallte me siëck, wou et<br />
te Johre gewiast wor, wat de Fründin<br />
tau dian Geschenken sachte, wou sei<br />
versocht haa, den niggen Rock odder<br />
de Schauh schlecht te reden, blous weil<br />
se sellebes sou wat nit gekriën haa.<br />
Dann vertallte me siëck wat vam<br />
Christkinneken, wou et wall utsööch, of<br />
wall ouk Engeltiër metköment. – Giudd,<br />
dat me siëck dann enger an den<br />
anderen kuscheln kunn un me nit alleïne<br />
schloopen muchte in diëser hilligen,<br />
unheïmliëken Nacht! Et koom ouk tau'r<br />
Sprooke, dat do eïner behauptet haa,<br />
dat Christkinneken brächte gar nit dei<br />
viëllen Geschenke! Dat wor uns doch<br />
areg lästerlich, un vie weïsent Twiewel<br />
ganz wiet van uns weg. Sou verging<br />
der Obend, un schließlich woorte et ruhig<br />
in der Schloopstuabe; blous eïnem<br />
muchte dei öllere Süster noch es<br />
verspriaken, dat sei ian den anderen<br />
Muarren bestimmt weckete.