Texte - Sauerlandmundart
Texte - Sauerlandmundart
Texte - Sauerlandmundart
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Dorfleben ► Vom Essen und Trinken<br />
Abends stand dann eine Brotsuppe<br />
auf dem Tisch.<br />
Dicke Enden guten Brotes nahm der<br />
Bauer mit aufs Feld. Wenn er Brotzeit<br />
machte, bekam der Ochse vor dem<br />
Pflug auch etwas ab. So blieb der bei<br />
Kräften, wenn er hart arbeiten musste.<br />
Wollte man im Frühjahr Kühe und<br />
Rinder nach der langen Winterzeit zum<br />
ersten Mal wieder auf die Weide treiben,<br />
gab die Bäuerin den Tieren im<br />
Stall jeweils eine Schnitte Brot, über<br />
die sie etwas Weihwasser gesprüht hatte.<br />
So wurde das Vieh in Gottes Namen<br />
in die neue Weidezeit entlassen.<br />
Brot wurde mit Sorgfalt behandelt.<br />
Ältere Leute hatten gewiss noch eine<br />
Hungersnot erlebt, wenn einmal das<br />
Getreide auf dem Feld nicht geraten<br />
war. Sie kannten auch alle die Not<br />
während des „Steckrüben-Winters“ im<br />
ersten Weltkrieg.<br />
Die besondere Achtung zeigte sich<br />
jedes Mal, wenn die Hausfrau ein neues<br />
Brot anschnitt. Sie fasste den Laib mit<br />
einer Hand, hielt ihn vor sich und<br />
zeichnete mit dem großen Messer an<br />
der flachen Unterseite ein Kreuz. Als<br />
später Brotschneidemaschinen aufkamen,<br />
verschwand der Brauch.<br />
Kein anderes Essen wurde so gezeichnet,<br />
auch nicht die dickste Wurst<br />
oder der Hinterschinken, wenn er aus<br />
der Räucherkammer geholt wurde.<br />
„Versündigt euch nicht am Brote!<br />
Werft es nicht weg!“ mahnte der Vater<br />
seine Kinder. Das sagten aber auch die<br />
jungen Männer, die in russischer<br />
Kriegsgefangenschaft gehungert hatten.<br />
84<br />
Obends koom dann ne Broutsupe op<br />
den Diß.<br />
Richtig giudde Knäppe Brout nohm<br />
der Bure met op dat Feld. Wann hei<br />
Kaffeï drunk un ne Schnië dobie oot,<br />
kreïch der Osse viür der Plauch ouk<br />
wat aff, domet hei nohiar nit schlapp<br />
makete.<br />
Freuhjohrsdag, wann de Käuh un<br />
Ringer et eïste Mol noh me Winter wiër<br />
utgedriëben woortent, kreïgent se viürhiar<br />
imme Stalle ne Schnië Brout;<br />
iübber dei haa de Burenfraue en wiënnich<br />
gesiant Water gesprützet. Sou<br />
woorte dat Veih in Guads Namen in de<br />
nigge Weiëtied entloten.<br />
Brout woorte met Suarrigfalt behandelt.<br />
Öllere Lüh haant siëcker noch ne<br />
Hungersnout metgemaket, wann es dat<br />
Koren op me Felle nit gerohn wor. Sei<br />
kanntent alle dei Nout vam „Steckrüben-Winter“<br />
im eïsten Weltkriege.<br />
Dei besondere Achtung zeigete siëck<br />
jeïdesmol, wann de Huusfraue en Brout<br />
anschneïch. Sei nohm dat Brout, pock<br />
et fiür den Buuk un streïk met dem<br />
grouten Metze en Krüze an dei flaake<br />
Siete, alsou unger dat Brout. As dei<br />
Broutmaschinen in Moude kooment,<br />
verging dei Bruuk.<br />
Kein ander Iaten woorte sou geteïchent,<br />
ouk nit dei dickeste Woust odder<br />
der Hingerschinken, wann hei vam<br />
Hiarreben geguallt woorte. „Versündigent<br />
auk nit an’me Broue! Schmietent<br />
et nit weg!“ sachte der Vatter tau sienen<br />
Blahn, sachtent ouk dei jungen<br />
Männer, dei in russischer Kriegsgefangenschaft<br />
gewiast worent.