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Texte - Sauerlandmundart

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Dorfleben ► Religion und Brauchtum<br />

Kaiser Karl der Große befahl, die<br />

Sachsen, welche die Abstinenz nicht<br />

hielten, zu enthaupten. Und in Polen<br />

ließen die Fürsten im elften Jahrhundert<br />

für dieses Vergehen ihren Untertanen<br />

die Zähne ausbrechen.<br />

Es gibt aber auch Hintertüren, das<br />

Abstinenzgebot zu umgehen. Fisch betrachtet<br />

man nicht als Fleisch, er darf<br />

also gegessen werden. Mancher freut<br />

sich, wenn freitags gut gebratener Fisch<br />

auf den Tisch gelangt.<br />

Für den Großteil der Bevölkerung war<br />

Fisch kein Ersatz, weil er nicht zu beschaffen<br />

und wohl auch zu teuer war.<br />

Nur Personen, die Fischteiche besaßen<br />

– zum Kloster in Drolshagen gehörten<br />

damals drei – oder die Fischereirechte<br />

an den größeren Bächen inne hatten,<br />

profitierten von dieser Ausnahmeregelung<br />

und schließlich jene, die Geld besaßen,<br />

ihnen solche Fische abzukaufen.<br />

Aber wer hatte das schon?<br />

Viele Jungen legten sich an die Ufer<br />

der Bäche und fischten sich einen Braten<br />

heraus, aber das war Diebstahl. Die<br />

Herrschaften hatten sich Rechte – Vorrechte<br />

– gesichert: Fischereirecht, Jagdrecht,<br />

Waldrecht. Aber das war nicht<br />

alles recht!<br />

Manch einem kamen die Regeln jedoch<br />

recht gelegen: So hatte er bei der<br />

Beichte immer etwas Unverfängliches<br />

zu bekennen. Es ließ sich leichter sagen:<br />

„Ich habe freitags Fleisch gegessen,“<br />

statt: „Ich habe mich mit meiner<br />

Frau gestritten und dabei einige Teller<br />

zertrümmert.“<br />

116<br />

Kaiser Karl dei Groute het befuahlen,<br />

Lüh im Sachsenland, dei siëck nit an de<br />

Abstinenz heilent, dout te schlohn. Un<br />

in Polen leitent dei Fiürsten im eleften<br />

Johrhundert fiür dat nämliëcke Vergohn<br />

den Lühn de Tiahne utbriaken.<br />

Bie diam Abstinenzgebuatt giëtt et<br />

abber ouk noch ne Hingerdüare. Fisch<br />

gilt nit ase Fleïß un duurt gegiatten weren.<br />

Iëck sie alt luter frouh, wann Friedag<br />

is un echt gebrohner Fisch op me<br />

Disse steïht.<br />

Me süht, fiür den kleinen Mann wor<br />

freuher der Fisch kein Ersatz, weil hei<br />

dian nit kreïg odder nit betahlen kunn.<br />

Van diar Utnohme profiteïertent blous<br />

Lüh, dei en Fissediek haant – dat Dräuzer<br />

Klouster besoot freuher drei – odder<br />

Lüh met Fisserechten an der<br />

Brachtpe un an der Rouse, un schließlich<br />

ouk riekere, dei et Geld dofiür<br />

haant, ian wat afftekoupen. Abber wei<br />

kunn dat?<br />

Viëlle Jungen lachtent siëck an den<br />

Auber van der Flaut un fissetent siëck<br />

en Brohn, abber dat wor gestuahlen.<br />

Dei Herrschaften haant siëck Rechte –<br />

Vüarrechte – gesiëckert: Fischereirecht,<br />

Jagdrecht, Waldrecht. Abber dat wor<br />

nit alles recht!<br />

Mannigem koment dei Regeln nu ouk<br />

recht gelian: Sou haant sei luter wat<br />

Unverfängliches te bichten. Et leit<br />

siëck biatter siën: „Iëck hebbe friedags<br />

Fleïß gegiatten,“ ase „Iëck hebbe miëck<br />

met der Fraue gestrieën un en paar Telleren<br />

kaputt geschmiëtten.“

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