Texte - Sauerlandmundart
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Dorfleben ► Religion und Brauchtum<br />
Während früher sexuelle Akte – wie<br />
ein Blick in damalige Beichtspiegel<br />
zeigt – mit negativen Vorzeichen behaftet<br />
waren, weil sie zur Sünde führen<br />
könnten, wurden sie nun insbesondere<br />
von der jüngeren Generation positiv als<br />
Bereicherung der zwischenmenschlichen<br />
Beziehungen gewertet. Junge<br />
Frauen fühlten sich in der Entscheidung<br />
zwischen überkommenen Ansichten<br />
und neueren Verhaltensweisen oft allein<br />
gelassen.<br />
Manchmal entwickelten sich nun für<br />
sie wiederum andere Zwänge, die sie<br />
eigenverantwortlich lösen mussten.<br />
Immerhin aber minimalisierten empfängnisverhütende<br />
Mittel die Angst vor<br />
einer unzeitigen Schwangerschaft So<br />
entwickelten Frauen eine stärkere Selbständigkeit,<br />
sie emanzipierten sich.<br />
Keuschheit wurde weitgehend nicht<br />
mehr als Tugend angesehen.<br />
Keuschheit war auch nicht mehr<br />
Thema einer Predigt. Hier zeigte sich<br />
an der Basis der Seelsorge die gleiche<br />
Unsicherheit, wie sie schon oben in<br />
Verbindung mit dem Erziehungswillen<br />
der Eltern herausgestellt wurde. —<br />
In diesem Zusammenhang muss auch<br />
erwähnt werden, dass in der Zeit nach<br />
dem Konzil eine Jahrhunderte hindurch<br />
geübte Praxis geändert wurde: Den<br />
jungen Müttern war es früher in den<br />
ersten sechs Wochen nach der Geburt<br />
eines Kindes nicht erlaubt, die Gottesdienste<br />
zu besuchen. Sie wurden erst<br />
nach der „Aussegnung“ wieder zugelassen,<br />
wie es schon in der Bibel erwähnt<br />
wird. Das Fest „Darstellung des<br />
Herrn“ hieß früher entsprechend „Mariä<br />
Reinigung“ (vgl. Lk 2,22).<br />
140<br />
Wann me den Beichtspiegel in ölleren<br />
Biabäukern diurrechliëset, mirreket<br />
me, dat dei sexuellen Akte nit giudd<br />
wechkumment, weil se donoh schwore<br />
Sünde wörent odder dotau weren künnent.<br />
De jüngere Generatioun meint,<br />
dei Akte maketent dat Liaben unger<br />
den Partnern rieker un wertviuller. Junge<br />
Frauen stunnent alleïne do in ner<br />
Zwickmiülle tüsser iübberkummener<br />
Aansicht un den niggeren Aansprüecken.<br />
Mannechmol koom et nu tau anderen<br />
Problemen, dei sei sellebes verantworten<br />
muchtent. Allerdings bruchtent sei<br />
nit meïh sou Angest te hen viür ner nit<br />
gewullten Schwangerschaft. Frauen<br />
muchtent siëck entscheïn un woortent<br />
dodiurrech selbständiger, sei emanzipeïertent<br />
siëck.<br />
Keuschheit woorte allgemein nit<br />
meïh as en Tugend aangeseihn.<br />
Keuschheit wor ouk kein Thema<br />
meïh fiür ne Priaddige. Hie zeiget siëck<br />
dat de Seelsorger an der Basis genau<br />
sou unsiëcker gemaket worent as dei<br />
Ellern in dem rechten Handelen iarren<br />
Kinger giëgeniübber. —<br />
Hie mutt ouk erwähnt weren, dat noh<br />
me Konzil ne Johrhunderte lang strikt<br />
diurrechgesatte Regelunge geändert<br />
woorte: Dei jungen Mütter duurtent<br />
freuher in den eïsten seß Wiaken noh<br />
der Geburt van nem Kinge nit in de<br />
Kiarreke kummen. Eïst noh der „Aussegnung“<br />
woortent sei wiër taugelooten,<br />
sou as dat alt in der Bibel geschriëben<br />
is. Dat Fest „Darstellung des<br />
Herrn“ neumete me freuher diammenoh<br />
„Mariae Reinigung“ (vgl. Lk 2,22).