Texte - Sauerlandmundart
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Dorfleben ► Religion und Brauchtum<br />
Andere Quellen für die Meinungsbildung<br />
kannte man kaum. Fernsehen und<br />
Rundfunk zählten noch nicht, Zeitungen<br />
wurden nur sporadisch gelesen.<br />
Lehrerbildung und Schulunterricht<br />
standen seit Jahrhunderten unter kirchlicher<br />
Leitung oder Aufsicht. Die bedeutenden<br />
Forschungsergebnisse in den<br />
Naturwissenschaften – in Medizin, Biologie,<br />
Physik und Chemie – lagen noch<br />
nicht vor oder waren im Volke nicht<br />
bekannt. Damals machte sich weithin<br />
Unkenntnis breit über Kräfte, Bedingtheiten<br />
und Zusammenhänge in der Natur.<br />
So schrieben Menschen früherer Zeiten<br />
solche Naturerscheinungen, die sie<br />
sich nicht erklären konnten, fremden<br />
Mächten zu. Gab es etwa eine Sonnenfinsternis<br />
oder erschien ein heller Komet,<br />
dann hielten viele dies früher für<br />
Zeichen, die auf nahendes Unglück<br />
hindeuteten. Es ist erstaunlich, dass<br />
solche Ereignisse gewiss selten oder<br />
nie gute Zeiten ankündigten, abgesehen<br />
von dem Stern der drei Weisen in Bethlehem.<br />
Bei Gewittern dachten die Germanen<br />
an ihren Gott Donar, der mit einem<br />
Wagen durch die Lüfte fahre und von<br />
Zeit zu Zeit mit seinem Hammer auf<br />
die Eisenräder schlage. Dabei entständen<br />
sprühende Blitze mit Donnergrollen.<br />
Auch für das Wort Donnerstag<br />
stand dieser Donar Pate!<br />
In Anlehnung an diese Geschichte<br />
vom Donnerer vernahm man in meiner<br />
Kindheit – ja, sogar noch in unserer<br />
Zeit – den Satz mit erhobenem Zeigefinger:<br />
„Hör, der liebe Gott schimpft!“<br />
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Andere Quellen, siëck ne eïgene<br />
Meinunge te erarreben, kannte me<br />
kuum. Fernseihn un Radio talltent noch<br />
nit, Tiedungen woortent blous dann un<br />
wann geliasen. De Utbildung van den<br />
Schaulmesters woorte siet Johrhunderten<br />
van der Kiarreke ingerichtet un ouk<br />
de Arrebet van den Lehrern stund unger<br />
der Opsicht van Geïstliëcken. Dei<br />
niggesten wichtigen Forschungen in<br />
den Naturwissenschaften – in Medizin,<br />
Biologie, Physik un Chemie – worent<br />
noch nit gemaket odder abber bie den<br />
Lühn noch nit bekannt. Domols wußte<br />
me nix iübber dei Kräfte in der Natur<br />
un wie se wirrekent.<br />
Sou heilent sei, wann se wat nit<br />
verstunnent, dat ganze fiür et Wiarrek<br />
van frümmeden Mächten. Woorte wou<br />
de Sunne am hellen Dah düster odder<br />
sooch me nachts en hellen Steren met<br />
nem Stert, dann kreïgent sei Angest un<br />
meintent, et wörent Teïchen fiür en<br />
Unglücke. Me mutt staunen, dat sou<br />
Ereignisse gewiß sellen odder nü giudde<br />
Tieden vüarrutsachtent, es affgeseihn<br />
van dem Steren bie den drei Weisen<br />
in Bethlehem.<br />
Wann et en Gewitter goov, meintent<br />
de Germanen iarre Gott Donar wörte<br />
op ’nem Wagen diürrech de Luft föiuheren<br />
und van Tied tau Tied met sienem<br />
Hamer op de Iësenrahr schlohn.<br />
Dobie gööv et dann grelle Blitze un en<br />
Gediünnere. Ouk fiür dat Woort Diunnersdag<br />
stund dei Donar Pate.<br />
Op diëse Geschichte vam Diunnerer<br />
hiën vernohm me in miener Kindtied –<br />
jo, sougar noch in unsen Dahn – de<br />
Warnunge: „Hör, der liebe Gott schenget!“