Texte - Sauerlandmundart
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Dorfleben ► Religion und Brauchtum<br />
Auch den Gläubigen wurde es kalt,<br />
feuchte Säume an Mänteln erstarrten<br />
vor Kälte, und der Atem wurde sichtbar.<br />
Ganz übel spielte uns das Wetter in<br />
einem Jahre mit, als in der Stillen<br />
Nacht Regen einsetzte und wir am frühen,<br />
stockdunklen Morgen über holperige<br />
spiegelglatte Straßen zur Kirche<br />
schlitterten. Es fehlte an dichten Schuhen,<br />
es fehlte an geeigneter Oberbekleidung,<br />
es fehlten auch die wärmenden<br />
langen Hosen bei Kindern und<br />
Frauen.<br />
So hielten wir arg<br />
durchnässt weit mehr<br />
als eine Stunde in der<br />
kalten Kirche aus. Wir<br />
Kinder fanden uns dabei<br />
noch nicht einmal besonders<br />
ausdauernd, uns<br />
erschien das normal,<br />
wir kannten es nicht anders.<br />
Sicher folgte diesem<br />
Morgen eine längere<br />
Zeit mit Husten und<br />
Schnupfen.<br />
Nasse und schmutzbespritzte<br />
Kleidung war<br />
an diesen Feiertagen ein<br />
besonderes Kreuz für<br />
die Hausfrauen. Zum Auswechseln<br />
reichten die Vorräte nicht, zum Trocknen<br />
gab es nur geringe Möglichkeiten,<br />
weil nur die Wohnküche und – an Festtagen<br />
– das Wohnzimmer beheizt waren.<br />
Schuhe musste man häufig wieder<br />
feucht anziehen. Mehrere Feiertage<br />
nacheinander bedeuteten Stress für die<br />
Mütter großer Familien.<br />
124<br />
Ouk de Lüh in den Bänken frousent,<br />
dei füchten Nöhe an den Mänteln<br />
woortent stief van Fuast, un den Oom<br />
kunn me seihn.<br />
Ganz böüse Wiar haant vie es eïn<br />
Johr: Do fing et in der Christnacht aan<br />
te rianen op Iës un Schnei. Un vie<br />
muchtent am freuhen, stockdüsteren<br />
Muarren op dian hulperigen, abber<br />
speigelglatten Strooten meïh glieten ase<br />
gohn. Tau diamme fehlte et an dichten<br />
Schauhn, an ‘nem passenden Rianmantel,<br />
et fehltent ouk de langen, waremen<br />
Butzen bie den Blahn un den Frauen.<br />
Sou bleïvent vie in<br />
unsem naaten Tüge<br />
meïh as ne Stunde in<br />
der kallen Kiarreke huken.<br />
Dat wor abber fiür<br />
uns Blahn nix Besonderes,<br />
vie kanntent dat<br />
jou nit anders. Wahrscheinlich<br />
haant vie<br />
dann gewiß en paar<br />
Wiaken lang met Hausten<br />
un Schnubben te<br />
daune.<br />
Naate un besprützete<br />
Kleïdunge wor fiür de<br />
Huusfraue an sou Fiërdahn<br />
en Extrakrüze.<br />
De Lüh haant meïstens nit dubbel<br />
Tüch, dat se wesselen kunnent, un<br />
druhn kunn me dei Saaken blous in der<br />
Küeke, an Christdag vlichts ouk in der<br />
Wannestuabe, süß goov et keinen waremen<br />
Platz in den Hüüsern. De Schauh<br />
muchte me mannechmol füchte wiër<br />
anteihn. Viëlle Fiërdah hingereneïn bedüttent<br />
fiür de Mütter in grouten Familien<br />
richtig Streß.