Texte - Sauerlandmundart
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Dorfleben ► Religion und Brauchtum<br />
Gott, Gott, der der Herrscher Herrscher – Gott, Gott, Gott, der der Vater<br />
Vater<br />
In dieser Tradition lebt wohl auch ein<br />
Autor unserer Tage, der von einer Heiligen<br />
erzählt: Sie habe sich etwa im Alter<br />
von drei Jahren in einem dunklen<br />
Verschlag unter der Treppe verkrochen,<br />
wenn es donnerte. Der Verfasser wertet<br />
diese Haltung als Zeichen für eine<br />
schon früh ausgeprägte Gottesfurcht<br />
des Mädchens.<br />
Die eher krankhafte Angst vor dem<br />
strafenden Gott, dazu noch bei einem<br />
Kleinkind, geht weit an der Botschaft<br />
des Jesus von Nazareth vorbei. Der Erzähler<br />
muss sich fragen lassen, ob seine<br />
Auffassung vom Verhältnis zwischen<br />
Menschen und Gott wohl vereinbar ist<br />
mit der von Jesus gewählten Anrede:<br />
„Vater unser!“ Und wenn die Geschichte<br />
stimmt, muss man wohl die<br />
Eltern und deren Berater zur Verantwortung<br />
ziehen.<br />
Die Auffassung vom Herrscher-Gott<br />
war früher gängige Meinung. Das zeigt<br />
auch das damals weit verbreitete, oft<br />
gesungene Eingangslied zur Heiligen<br />
Messe. Es beginnt mit dem Satz: „Hier<br />
liegt vor deiner Majestät im Staub die<br />
Christenschar.“ Es wurde nicht mehr in<br />
das um 1970 erschienene „Gotteslob“<br />
aufgenommen, schaffte aber den Abdruck<br />
in manchem Pfarr-Anhang bis in<br />
die neueste Zeit.<br />
Dieser Text sollte damals wohl die<br />
von den Herausgebern gewünschte<br />
Haltung fördern.<br />
97<br />
In diër Traditioun liabet wall ouk en<br />
Schrieber in unsen Dahn. Dei vertellt<br />
van ner Heiligen: Sei heh siëck, as se<br />
drei Johre old wor, in nem düsteren Inken<br />
unger der Trappe verkruapen,<br />
wann et diunnerte. Dei Verfasser meint,<br />
an diër Gewiënde künn me seihn, wou<br />
starrek dat Kind alt in freuhen Johren<br />
Gott geachtet heh. Hei meint, dat Kind<br />
heh Ehrfurcht gehatt.<br />
Diëse eïger krankhafte Angest viür<br />
dem Gott, dei Strofe utdeïlt, un dat<br />
noch bie nem kleinen Kinge, geïht wiet<br />
an der Meinunge van Jesus ut Nazareth<br />
vorbie. Dei Berichter mutt siëck frohn<br />
loten, of siene Opfassunge vam Verhältnis<br />
tüsser Gott un den Lühn wall<br />
iübbereïnstimmet met diar Aanrede:<br />
„Vater unser“, sou as Jesus biatte. Un<br />
wann dei Geschichte stimmet, dann<br />
mutt me wall de Ellern un van dian dei<br />
Lehrer siëck vüarniammen.<br />
Dei Lüh dachtent siëck freuher abber<br />
allgemein den Herrguatt as en Herrscher.<br />
Dat kann me ouk an diam Leid<br />
am Aanfang van der Misse seihn, dat<br />
regelmäßig gesungen woorte. Et fing<br />
aan met dem Satz: „Hier liegt vor deiner<br />
Majestät im Staub die Christenschar.“<br />
Diët hent se nit meïh in et nigge<br />
gedruckete „Gotteslob“ (bie 1970) opgenuammen,<br />
abber me finget et noch in<br />
mannegem Aanhang in den Gemeinden<br />
bit op unse Dah.<br />
Diër Text sull dei freuher in der Kiarreke<br />
gängige Opfassunge verstärreken.