Texte - Sauerlandmundart
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Dorfleben ► Religion und Brauchtum<br />
„Hat man Kartoffeln und Brot, dann<br />
leidet man keine Not,“ hieß es früher.<br />
Manche Haushalte kellerten im Herbst<br />
dreißig Zentner Kartoffeln ein und bereiteten<br />
sich auch drei Zentner Sauerkraut<br />
in einem großen Fass.<br />
Wenn die ohnehin schmale Kost<br />
noch reduziert werden soll, sind die<br />
Menschen im täglichen Umgang miteinander<br />
gewiss schneller ungehalten,<br />
was dann zu unbedachten Äußerungen<br />
und Zank führen kann. Wer wird schon<br />
zehn Stunden schwer arbeiten, ohne<br />
rechte Grundlage im Magen? Mit hohlem<br />
Bauch kann man nicht ordentlich<br />
zupacken. Auch die Frauen hatten den<br />
ganzen Tag zu tun; sie zogen sich ohnehin<br />
vieles ab, damit die Kinder oder<br />
der Mann etwa ein Stück Fleisch mehr<br />
essen konnten.<br />
Eine große Gürtelweite hatten ja eher<br />
jene, die solche Gesetze aufstellten,<br />
nicht die Arbeiter und Kleinbauern.<br />
Die Abstinenz berührte die Menschen<br />
empfindlicher als das Fasten. Früher<br />
benötigten die Bauern Fleisch und Fett<br />
wegen der harten Arbeit den langen<br />
Tag über. In unserer Zeit könnten wir<br />
jeden Tag Fleisch und Wurst essen, vor<br />
einem halben Jahrhundert sah das aber<br />
anders aus: Arbeiterfamilien mit mehreren<br />
Kindern fehlte das Geld für<br />
Fleisch und Aufschnitt.<br />
Aber, was vorgeschrieben war, musste<br />
auch eingehalten werden. Die Herren<br />
hielten es für so wichtig, als ob die ewige<br />
Seligkeit damit stehe oder falle.<br />
Auch die weltlichen Regenten meinten,<br />
ein gutes Werk zu verrichten, wenn sie<br />
harte Strafen verhängten:<br />
115<br />
„Het me Tufelen un Brout, dann litt<br />
me keine Nout!“ sachte me freuher. Do<br />
goov et Familien, dei dehnt diartig<br />
Zentner Tufelen in den Keller un ouk<br />
drei Zentner witten Kouhl in et Suëremausfaat.<br />
Of dat Affteihn an der schmalen Kost<br />
bie den kleinen Lühn nit ouk en<br />
verdreitliëck Gemeut makete un fiür<br />
Krach in me Huuse verantwortlich<br />
wor?<br />
Sall es eïner tiëhn Stunden hart arreben,<br />
wann hei nix in me Magen het!<br />
Met liëgem Buuke kunn me nit hart<br />
taupacken. Un dei Frauen haant ouk de<br />
Welt viull Arrebet un tougent siëck sou<br />
alt et beste aff, domet de Blahn odder<br />
der Kerel en giudd Stücke Speck meïh<br />
kreïg.<br />
Dicke Büüke haant jou eïger dei Lüh,<br />
dei sou Gesette maketent, nit dei Arbeiter<br />
un kleinen Bueren.<br />
Dei Abstinenz abber troop de Lüh<br />
meïh as dat Fasten. Fleïß un Fett bruchtent<br />
dei Lüh bie iarrer schworen Arrebet<br />
den langen Dag iübber. In jetziger<br />
Tied künnent siëck de meïsten Lüh bie<br />
uns jeïden Dag Fleïß un Woust leisten,<br />
viür nem halleben Johrhundert wor dat<br />
nit sou, Arbeiterfamilien, besonders<br />
wann Blahn do worent, haant nit de<br />
Penne fiür Fleïß odder Opschnitt.<br />
Abber, wat vüargeschriëben wor,<br />
muchte dann ouk ingehollen weren.<br />
Dian Heerens heil et siëck dodrinne genau,<br />
as wann de eïwige Seïlichkeit dovan<br />
affhing, un dei weltlichen Regenten<br />
meintent, en giudd Wiarrek te daun,<br />
wann sei strenge diurrichgreïpent: