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Franz von Sales – Band 1 - Gott ist die Liebe

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110<br />

III,2<br />

Tugenden der Klugheit, Beständigkeit und Mäßigkeit be<strong>die</strong>nen. Der Eber<br />

wetzt seine Hauer an den anderen Zähnen; <strong>die</strong>se werden dadurch ebenfalls<br />

geschliffen und bleiben scharf. So muß der Mensch eine Tugend, in<br />

der er sich vervollkommnen will, weil er sie zu seiner Verteidigung besonders<br />

notwendig hat, durch <strong>die</strong> Übung der anderen Tugenden feilen<br />

und schleifen; <strong>die</strong>se werden ihrerseits noch vorzüglicher und besser,<br />

während sie zur Vollendung der Haupttugend beitragen. <strong>–</strong> Ijob übte sich<br />

während der vielen Versuchungen, <strong>die</strong> ihn bedrängten, vor allem in der<br />

Geduld; dadurch wurde er heilig und reich auch an allen Tugenden.<br />

Gregor <strong>von</strong> Nazianz sagt, daß manche den Gipfel des Tugendlebens<br />

durch <strong>die</strong> vollendete Übung einer einzigen Tugend erklommen, und er<br />

führt Rahab an, <strong>die</strong> durch Gastfreundschaft zum höchsten Ruhm gelangte<br />

(Jos 2,3<strong>–</strong>21; 6,22<strong>–</strong>25; Hebr 11,31; Jak 2,25). Das gilt natürlich nur,<br />

wenn <strong>die</strong>se Tugend vorzüglich, mit großem Eifer und mit großer <strong>Liebe</strong><br />

geübt wird.<br />

2. Kapitel<br />

Geordnetes Tugendstreben (II).<br />

Der hl. Augustinus sagt ganz richtig, daß Anfänger im Frömmigkeitsstreben<br />

leicht gewisse Fehler begehen, <strong>die</strong> wohl tadelnswert sind, wenn<br />

wir sie nach strengen Maßstäben der Vollkommenheit messen; sie sind<br />

aber auch lobenswert als gute Vorzeichen eines künftigen Seelenadels, den<br />

sie sogar vorbereiten. So <strong>ist</strong> eine niedrige und grobe Angst, <strong>die</strong> in der<br />

eben erst <strong>von</strong> der Sünde aufgestandenen Seele Skrupel hervorruft, für<br />

den Anfang nur zu begrüßen als sicheres Vorzeichen künftiger Gewissenszartheit.<br />

Dieselbe Angst wäre aber an Fortgeschrittenen zu tadeln;<br />

in ihrem Herzen soll <strong>die</strong> <strong>Liebe</strong> herrschen, <strong>die</strong> nach und nach <strong>die</strong>se<br />

Art knechtischer Furcht verdrängt. 1<br />

Der hl. Bernhard war am Anfang ganz streng und hart gegen jene, <strong>die</strong><br />

sich seiner Leitung unterstellten. Gleich beim Eintritt erklärte er ihnen,<br />

sie müßten ihren Leib draußen lassen und dürften zu ihm nur mit ihrer<br />

Seele kommen. Wenn er ihre Beichte hörte, verurteilte er mit unerhörter<br />

Strenge alle, auch <strong>die</strong> kleinsten Fehler und drängte seine Beichtkinder<br />

mit solchem Ungestüm zur Vollkommenheit, daß er damit gerade das

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