Franz von Sales – Band 1 - Gott ist die Liebe
Franz von Sales – Band 1 - Gott ist die Liebe
Franz von Sales – Band 1 - Gott ist die Liebe
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
II,13<br />
89<br />
Überfluß, Schande auf Ruhm, Verlust auf Ehren, Überdruß auf Entzükken<br />
und Krankheit auf Gesundheit. Die Rose <strong>ist</strong> eine schöne Blume“,<br />
sagte der Heilige weiter, „aber ich werde immer traurig, wenn ich sie<br />
sehe, denn sie erinnert mich an <strong>die</strong> Sünde; durch sie wurde <strong>die</strong> Erde<br />
verurteilt, Dornen zu tragen.“<br />
Ein frommer Mensch sah <strong>die</strong> Sterne sich bei heller Nacht in einem<br />
Bach spiegeln und sagte: „Mein <strong>Gott</strong>, <strong>die</strong>se Sterne werden mir zu Füßen<br />
liegen, wenn Du mich in Dein heiliges Zelt aufgenommen hast. Wie <strong>die</strong><br />
Sterne ihren Schein auf <strong>die</strong> Erde werfen, so werden sich im Himmel <strong>die</strong><br />
irdischen Menschen in dem lebendigen Quell der göttlichen <strong>Liebe</strong> spiegeln.“<br />
Ein anderer rief beim Anblick eines dahinströmenden Flusses aus:<br />
„Meine Seele wird keine Ruhe finden, bis sie sich im Meer der <strong>Gott</strong>heit<br />
verloren hat, wo ihr Ursprung <strong>ist</strong>.“<br />
Die hl. <strong>Franz</strong>iska wurde beim Betrachten eines lieblichen Baches, an<br />
dessen Ufer sie zum Beten niedergekniete, zur Verzückung hingerissen<br />
und rief immer wieder: „Die Gnade meines <strong>Gott</strong>es fließt so still und<br />
mild dahin wie <strong>die</strong>ses Bächlein.“<br />
Ein anderer klagte beim Anblick blühender Bäume: „Warum stehe ich<br />
allein blütenlos im Garten der Kirche?“ Wieder ein anderer sagte beim<br />
Anblick der Kücken unter den Fittichen der Henne: „O Herr, behüte<br />
mich im Schatten Deiner Fittiche!“ (Ps 17,8), ein dritter beim Anblick<br />
der Sonnenblume: „Wann wird sich meine Seele Deiner Güte erschließen?“,<br />
und beim Anblick der wohl schönen, aber geruchlosen Stiefmütterchen:<br />
„So sind leider meine Erkenntnisse: schön in Worte gefaßt, aber<br />
ohne Frucht und Wirkung.“<br />
Siehst du, so schöpft man gute Gedanken und heilige Stoßgebete aus<br />
allem, was uns im Laufe <strong>die</strong>ses sterblichen Lebens begegnet. Unselig,<br />
wen <strong>die</strong> Geschöpfe <strong>von</strong> ihrem Schöpfer weg zur Sünde hinziehen; selig<br />
aber, wer <strong>die</strong> Geschöpfe zur Ehre ihres Schöpfers hinlenkt und mit ihrer<br />
Geringfügigkeit <strong>die</strong> Wahrheit verherrlicht. „Ich pflege alles zu meinem<br />
ge<strong>ist</strong>lichen Nutzen zu gebrauchen“, sagte Gregor <strong>von</strong> Nazianz. Lies <strong>die</strong><br />
fromme Grabschrift, <strong>die</strong> der hl. Hieronymus der hl. Paula gesetzt; sie <strong>ist</strong><br />
durchwoben <strong>von</strong> heiligen Gebeten und Gedanken, <strong>die</strong> sie bei allen Gelegenheiten<br />
erweckte.<br />
In <strong>die</strong>ser Übung der ge<strong>ist</strong>lichen Einsamkeit und der kurzen Herzenserhebungen<br />
zu <strong>Gott</strong> besteht das große Werk der Frömmigkeit. Sie kann im<br />
Notfall alle übrigen Gebete ersetzen, ihre Unterlassung kann aber kaum