Franz von Sales – Band 1 - Gott ist die Liebe
Franz von Sales – Band 1 - Gott ist die Liebe
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III,15<br />
145<br />
ihn behalten wollte. Ahab verlangte leidenschaftlich, unaufhörlich und<br />
rastlos nach dessen Besitz und beleidigte dadurch <strong>Gott</strong> (1 Kön 21,2f).<br />
Begehre das Gut des Nächsten erst, wenn <strong>die</strong>ser es zu veräußern<br />
wünscht. Dann rechtfertigt sein Wunsch den deinen und läßt ihn sogar als<br />
liebevoll erscheinen. O ja, ich bin wohl damit einverstanden, daß du dein<br />
Hab und Gut zu vermehren trachtest, aber nicht nur in gerechter Weise,<br />
sondern auch ruhig und liebevoll.<br />
Wenn du deinen Besitz lebhaft liebst, sehr um ihn besorgt b<strong>ist</strong>, dein<br />
Herz an ihn hängst und deine Gedanken immer damit beschäftigst, wenn<br />
du lebhaft und aufgeregt fürchtest, ihn zu verlieren, <strong>–</strong> glaube mir, dann<br />
hast du noch Fieber. Fieberkranke trinken, was man ihnen gibt, mit einer<br />
Hast, Hingabe und Gier, <strong>die</strong> ein Gesunder gewöhnlich nicht zeigt. Man<br />
hat unmöglich so heftige Neigung für etwas, was man nicht sehr liebt.<br />
Merkst du bei einem Verlust an Hab und Gut, daß ihm dein Herz nachtrauert,<br />
dann hängst du noch mit großer <strong>Liebe</strong> an ihm, denn nichts zeigt<br />
deutlicher <strong>die</strong> <strong>Liebe</strong> zu einer Sache als <strong>die</strong> Trauer über ihren Verlust.<br />
Begehre also nicht absichtlich und ausdrücklich ein Gut, das du nicht<br />
hast. Hänge nicht dein Herz an den Besitz, den du hast. Verzweifle nicht<br />
bei einem Verlust, den du erleidest. Dann hast du guten Grund zu glauben,<br />
daß du zwar tatsächlich reich b<strong>ist</strong>, da du aber nicht daran hängst,<br />
innerlich arm und folglich selig, denn das Himmelreich <strong>ist</strong> dein (vgl. Mt<br />
5,3).<br />
15. Kapitel<br />
Wie man wirkliche Armut übt, wenn man reich <strong>ist</strong>.<br />
Der Maler Parrhasius verstand es ausgezeichnet, <strong>die</strong> Bewohner Athens<br />
in ihren verschiedenartigen, wandelbaren Charakteren darzustellen. Er<br />
malte sie zornentbrannt, ungerecht, unbeständig; dann wieder höflich,<br />
gütig, barmherzig; einerseits hochmütig und ruhmsüchtig, aber auch demütig,<br />
andererseits prahlerisch und feige, schließlich all <strong>die</strong>s zugleich.<br />
So möchte ich dir Reichtum und Armut gleichzeitig ins Herz legen: eine<br />
große Sorgfalt für <strong>die</strong> zeitlichen Güter, gepaart mit einer tiefen Verachtung<br />
für sie.<br />
Sei noch sorgfältiger als weltlich Gesinnte darauf bedacht, deinen Besitz<br />
nutzbringend und fruchtbar zu machen. Sage mir: sind <strong>die</strong> Gärtner im