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Franz von Sales – Band 1 - Gott ist die Liebe

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74<br />

II,2<br />

Deshalb müssen wir vor dem Gebet in unserer Seele das Bewußtsein<br />

der göttlichen Gegenwart erneuern. David verstand das, als er ausrief:<br />

„Steig ich zum Himmel hinauf, so b<strong>ist</strong> Du dort, mein <strong>Gott</strong>; steig ich<br />

hinab zur Hölle, so b<strong>ist</strong> Du auch dort“ (Ps 139,8). Machen wir uns <strong>die</strong><br />

Worte Jakobs zu eigen: „Wie erschütternd ernst <strong>ist</strong> <strong>die</strong>ser Ort! Wahrhaftig,<br />

<strong>Gott</strong> <strong>ist</strong> hier, und ich wußte es nicht“ (Gen 28,16ff). Er wollte sagen,<br />

daß er nicht daran dachte. Wenn du dich also zu beten anschickst, dann<br />

sag <strong>von</strong> ganzem Herzen zu deiner Seele: Wahrhaftig, <strong>Gott</strong> <strong>ist</strong> hier.<br />

2. Das zweite Mittel, sich in seine heilige Gegenwart zu versetzen, <strong>ist</strong><br />

der Gedanke, daß <strong>Gott</strong> sich nicht nur am gleichen Ort mit dir befindet,<br />

sondern noch auf besondere Weise in deinem Herzen, auf dem Grunde<br />

deiner Seele, <strong>die</strong> er durch seine göttliche Gegenwart belebt, gleichsam<br />

als Herz deines Herzens, als Seele deiner Seele. Wie <strong>die</strong> Seele den ganzen<br />

Leib durchdringt, in allen Teilen des Leibes gegenwärtig <strong>ist</strong> und doch<br />

ihren besonderen Sitz hat, so <strong>ist</strong> <strong>Gott</strong> überall gegenwärtig, er steht aber in<br />

besonderer Weise unserer Seele bei. Deshalb nannte ihn David den <strong>Gott</strong><br />

seines Herzens (Ps 73,26), und der hl. Paulus sagte: „In <strong>Gott</strong> leben wir,<br />

bewegen wir uns und sind wir“ (Apg 17,28). Bei der Betrachtung <strong>die</strong>ser<br />

Wahrheit wirst du in deinem Herzen eine große Ehrfurcht vor <strong>Gott</strong> erwecken,<br />

der in dir so innig gegenwärtig <strong>ist</strong>.<br />

3. Das dritte Mittel <strong>ist</strong>, den Heiland zu betrachten, der in seiner Menschheit<br />

vom Himmel her auf alle Menschen blickt, besonders aber auf <strong>die</strong><br />

Chr<strong>ist</strong>en, <strong>die</strong> seine Kinder sind, und noch mehr auf <strong>die</strong> Betenden, deren<br />

Handeln und Verhalten er sieht. <strong>–</strong> Das <strong>ist</strong> keine bloße Einbildung, sondern<br />

<strong>die</strong> reine Wahrheit; wenn auch wir ihn nicht sehen, er betrachtet uns<br />

doch <strong>von</strong> oben, <strong>–</strong> der hl. Stephanus sah ihn im Augenblick seines Martertodes<br />

(Apg 7,55) <strong>–</strong> so daß wir mit der Braut des Hoheliedes sagen können:<br />

„Er <strong>ist</strong> hinter der Wand, er schaut durch das Fenster, er blickt durch<br />

<strong>die</strong> Gitter.“(Hld 2,9)<br />

4. Die vierte Art <strong>ist</strong>, sich der Einbildungskraft zu be<strong>die</strong>nen und sich<br />

den Heiland in seiner heiligen Menschheit als bei uns gegenwärtig vorzustellen,<br />

wie wir unsere Freunde uns vorzustellen gewohnt sind, und zu<br />

sagen: Ich glaube zu sehen, wie er <strong>die</strong>s oder jenes macht, es scheint mir,<br />

ich sehe ihn, usw. Sind wir aber vor dem allerheiligsten Altarssakrament,<br />

dann <strong>ist</strong> <strong>die</strong>se Gegenwart Jesu wirklich und nicht nur in unserer Phantasie,<br />

denn <strong>die</strong> Brotgestalten sind wie ein Schleier, hinter dem der Herr<br />

wirklich gegenwärtig uns sieht und betrachtet, obwohl wir ihn nicht in<br />

eigener Gestalt sehen.

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